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Geschichte der Geowissenschaften: Allgemeine Geologie

CREDNER (1891): Prozesse der Gebirgsbildung

Historische Arbeiten

W. Griem, 2020

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Graben del Rhin, Credner, 1891

Fig. 042: Rheintalgraben zwischen Vogesen und Schwarzwald, Credner, 1891 [siehe in groß]


Faltengebirge, montañas plegadas

Fig. 43, Credner: Faltengebirge  [siehe in groß]


Faltengebirge de Credner

Fig. 44, Credner:  - Faltengebirge des Juras  [siehe in groß ]


Zusammenfassung:
a) Es werden horizontale Kräfte beschrieben.
b) Die Asymmetrie der Orogene ist bekannt.
c) Die Kontraktion der Erde wird als treibende Kraft angesehen.

CREDNER, H. (1891): Elemente der Geo­logie. - 796 Seiten, 579 Abbil­dungen; Verlag von Wil­helm Engel­mann, Leipzig.
[Samm­lung W. Griem]

Die Abbildungen wurden mit einem HP Scanjet G3110 mit 600dpi eingescannt, danach mit Corel Draw - Photo Paint (v. 19) digital bearbeitet. Speziell Filter der Grau­stufen­verbesserung, Elimination von Flecken sowie Ver­besserung der Schärfe wurden bei der Bild­bear­bei­tung angewandt (W. Griem 2020).

Die Texte wurden mit einer Pentax Kr-3 II digi­talisiert und später mit ABBYY (v.14) ver­arbeitet und zur OCR vor­bereitet. Fraktur­schriften wurden mit ABBYY Fine Reader Online in ASCII umge­wandelt; "normale" Schrift­arten mit ABBYY Fine Reader Version 14.
Die Texte wurden den heutigen Recht­schreib­regeln teil­weise ange­passt, es wurden erläuternde und orien­tierende Zeilen ein­gefügt (W.Griem, 2020).

Valle del Rhin y graben del valle Rhin en Europa, Credner, 1891

Fig. 042: Rheintalgarben zwischen Vogesen und Schwarzwald Credner, 1891


Faltengebirge, montañas plegadas de Credner, 1891

Fig. 043: Faltengebirge , Credner, 1891


Faltengebirge de Credner - Montañas plegadas

Fig. 044: Faltengebirge des Juras, Credner, 1891




Credner, 1891: Eine Beschreibung der Gebirgsformen und Prozesse der Gebirgsbildung.
Seite 172

Originaltext in Deutsch, Credner (1891):
p. 172

§ 1. Der Prozess der Gebirgsbildung.


Früher glaubte man, dass die Gebirge durch Druckkräfte erzeugt worden seien, die in radiärer Richtung von unten nach oben gewirkt hätten, und erblickte namentlich in dem Ausbruche von Eruptivgesteinen die Ursache der Hebung und Faltung der Schichten zu Gebirgsmassen (Hutton, Playfair, Beaumont, Humboldt, Buch). Erst den neueren einschlägigen Arbeiten von Favre, Dana, Baltzer und Mojsisovics, vor allem aber von Sueß und Heim ist eine naturgemäßere Vorstellung von dem Prozess der Gebirgsbildung zu danken.

Im Gegensatze 1. zu den Erosionsgebirgen, welche aus einer ursprünglich plateauartigen Ebene durch die taleinschneidende Tätigkeit der fließenden Gewässer herausmodelliert worden sind (siehe Erosion), und 2. zu den Vulkangebirgen, welche durch Hervordringen von Gesteinsmaterial aus der Erdtiefe und Anhäufung derselben über dem Eruptionskanal entstanden, also der Erdoberfläche parasitisch aufgesetzt sind (siehe S. 133), bezeichnet man 3. als tektonische Gebirge solche Gebirge, welche durch Bewegungen der Erdrinde selbst und durch die damit verbundene Umgestaltung der ursprünglichen Erdoberflächenkonturen hervorgebracht worden sind.

Die verbreitetsten und gewaltigsten aller Gebirge gehören dieser Rubrik an. Die sie erzeugenden tektonischen Vorgänge können sich äußern als Einbrüche der Erdkruste, oder aber als Faltung der die letztere bildenden Schichtkomplexe. Danach unterscheidet man: Bruchgebirge und Faltengebirge.


§ 2. Die Bruchgebirge entstehen durch die Zerspaltung (den Bruch) eines Tafellandes und das Absinken einiger oder eines der durch die oft parallelen Spalten getrennten Bruchfelder oder Bruchzonen, während andere ihr ursprüngliches Niveau beibehalten und dadurch als Gebirge erscheinen. Dieses lokale Einbrechen und Niedersinken der Erdkruste wird verursacht durch die mit der Abkühlung des Erdinneren Hand in Hand gebende Kontraktion und Verkleinerung desselben, welcher dessen Kruste zu folgen gezwungen ist.

Das Abgleiten der einzelnen Schollen kann ein treppenförmiges sein (Staffelbruch) und kann sich auf nur einer Flanke der stehen gebliebenen Scholle vollzogen haben (einseitiges Bruchgebirge), oder auf beiden Seiten der festbleibenden Mittelzone von statten gegangen sein Horstgebirge).

Senken sich die zwischen zwei stehen bleibenden Horsten gelegenen Bruchzonen einfach oder staffelförmig in die Tiefe, so entsteht eine Grabenversenkung (Rheintal zwischen Schwarzwald und Vogesen, siehe Fig. 42).  


§ 3. Die Faltengebirge bestehen aus Faltensystemen der äußersten Krustenteile, welche durch Horizontalschub in der Erdrinde hervorgebracht worden sind (s. Fig. 43 und 44). Die Ursache dieses seitlichen, erdpheripherischen Druckes, welcher die Schichten der Erdkruste zur Faltung und Runzelung zwang, liegt ebenfalls in der fortdauernden Abkühlung und Kontraktion der Kernmasse der Erde. Glättet man in Gedanken die Faltengebirge wieder aus, so erhält man ein Zuviel von Erdkruste, so z. B. beim Jura einen Streifen von 5000—5300 m, bei den Alpen etwa 120.000 m.

Da die zu diesen Gebirgen gefalteten Schichten ursprünglich horizontal abgelagert waren, so war die vor ihnen von ihrer Faltung ein- genommene Fläche um die genannten Beträge breiter und ist durch Zusammenschub um ebenso viel vermindert worden. Da Gleiches von allen übrigen Faltengebirgen gilt, so war die gesamte Erdoberfläche und somit der Erdumfang vor ihrer Ablagerung größer als jetzt, und zwar um so viel, als sich beim Ausglätten sämtlicher Falten Überschuss ergeben würde. Diese Verkleinerung der Erde lässt sich nur durch Abkühlung und Kontraktion ihres Inneren erklären. Wie die Haut eines austrocknenden Apfels allmählich für denselben zu groß wird, sich runzelt und dem schwindenden Fleische nachsinkt, so musste sich auch die Erdrinde verhalten. Wird sie für ihren Kern zu groß, so strebt sie, ihm infolge ihrer Schwere nach zu sinken.
Da sie sich aber wie ein geschlossenes Gewölbe verhält, so wird sich das zentripetal wirkende Gewicht in einen tangentialen Druck umsetzen, und infolge dessen irgendwo ein oberflächliches Ausweichen in Form einer Falte eintreten. Sie ist die schwache Stelle geworden, an welcher die ganze Last der betreffenden Zone der Erdschale sich nun als Horizontalschub äußert. Es türmt sich nach außen eine zweite, dann eine dritte Falte auf, denen später noch andere folgen können, während gleichzeitig das Gesammtniveau der Oberfläche um etwas sinkt. Die so entstehenden Falten können sich auch bei gleichem Maße des Zusammenschubes bald dicht gedrängt scharen, bald weiter aus einander treten, bald sich fächerförmig zerstreuen. Da der Horizontaldruck sich in einem großen Teile der Erdrinde gleichförmig verbreiten muss, so kann er gleichzeitig an verschiedenen, voneinander entfernten, besonders schwachen, deshalb zum Ausweichen geneigten Stellen der letzteren Faltungen erzeugen, welche senkrecht zu dem stattfindenden Schub aufgeworfen werden und deshalb oft einander parallel verlaufen. Auch die sog. Zentral massive (Kernzonen), welchen ältere Forscher geneigt waren, eine aktive Rolle bei Entstehung der Alpen und anderer Hochgebirge zuzuschreiben, sind nichts als Systeme von durch die sie ursprünglich überlagernden Schichten hindurch, empor und dicht an einander gepressten Falten der kristallinischen Schiefer. Kettengebirge mit solchen Zentralmassiven sind intensiver gefältelte Stellen, solche ohne Zentralmassive weniger gefaltete Stücke der Erdrinde. Zugleich ist dort die Verwitterung und Denudation bereits so weit fortgeschritten, dass sie diese besonders hoch aufgestauten Faltengruppen bis auf die kristallinischen Schiefer und die sie durchsetzenden ältesten Eruptivgesteine bloßgelegt hat.


§. 4. Asymmetrischer Bau der Faltengebirge.
Eine ganz charakteristische Eigenschaft der Faltengebirge ist ihr einseitiger, asymmetrischer (heteromorpher) Bau, d. h. die Verschiedenheit in der Architektonik, die geologische Ungleichwertigkeit ihrer beiden Flanken. Und zwar besteht dann die eine oft konvex verlaufende äußere Zone, die der Faltung und Stauung, aus mehr oder weniger steilen, sich nach außen verflachenden Falten, während auf der anderen, inneren, oft konkaven Teile (der Bruchzone) Zerreißungen, Senkungen, Brüche und Spaltenbildungen stattgefunden zu haben pflegen, auf welchen letzteren sich vulkanische Erscheinungen (Eruptionen von glutflüssigem Gesteinsmaterial, heiße Quellen, Erdbeben) geltend gemacht haben und zum Teil noch betätigen. In anderen Fällen beschränkt sich die Asymmetrie darauf, dass sich ein allmählich flacher werdendes Faltensystem nur an eine Seite der intensivst gefalteten Zone anschließt, sowie darauf, dass dessen Einzelfalten nach dieser Richtung Überhängen.

Eine solche Einseitigkeit bekundet sich z. B. im Bau der Alpen und des Jura; bei beiden liegt der Steilabfall auf der Südseite, die nördlichen Falten hingegen werden stufenweise nach außen niedriger und hängen zum größeren Teile nach N über. Der Apennin wendet seine gefaltete Flanke der Adria zu, — auf der inneren Bruchlinie der Karpaten sind die vulkanischen Massen des Eperies-Tokayer Trachyt-Gebirges hervorgedrungen, das Erzgebirge besteht aus drei sich nach NW verflachenden Falten, während sich an seinem südlichen Steilabstürze die Vulkandome Nordböhmens aufgebaut haben und noch heute Thermen hervordringen. Auch der Ural, das Alleghany-System und viele andere Gebirge zeigen deutliche Asymmetrie in ihrem Bau (s. Fig. 44 und 45).

 

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Publiziert: 4.8.2019 / Aktualisiert: 4.8.2019, 6.9.2020
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