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Geschichte der Geowissenschaften: Bergbau

E.Treptow (1900), G. Köhler (1903): Fahrkunst oder men engine

Historische Arbeiten

W. Griem, 2020

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Aus Treptow, E. (1900) -  Abbildung 157 und 158 Seite 114

TREPTOW, E. (1900): Bergbau einschließlich Steinbruchbetrieb und Edelsteingewinnung. - 396 Abbildungen y 6 Anhänge; Otto Spamer Verlag, Leipzig. [Sammlung W.Griem]

Die Abbildungen wurden mit einem HP Scanjet G3110 mit 600dpi eingescannt, danach mit Corel Draw - Photo Paint (v. 19) digital bearbeitet. Speziell Filter der Grau­stufen­verbesserung, Elimination von Flecken sowie Ver­besserung der Schärfe wurden bei der Bild­bear­bei­tung angewandt (W. Griem 2020).

Die Texte wurden mit einer Pentax Kr-3 II digi­talisiert und später mit ABBYY (v.14) ver­arbeitet und zur OCR vor­bereitet. Fraktur­schriften wurden mit ABBYY Fine Reader Online in ASCII umge­wandelt; "normale" Schrift­arten mit ABBYY Fine Reader Version 14.
Die Texte wurden den heutigen Recht­schreib­regeln teil­weise ange­passt, es wurden erläuternde und orien­tierende Zeilen ein­gefügt (W. Griem, 2020).

Emil Treptow (1900): Fahrkunst oder men engineFahrkunst nach Köhler, 1903Tritte der Fahrkunst

Fahrkunst oder men engine (Treptow, 1900):
Emil Treptow beschreibt detailreich die Funktionsweise der Fahrkunst, oder Men Engine im Englischen und anderen Sprachen. Ein wirklich gutes und intelligentes System der schnellen und sicheren vertikalen Beförderung von Personen. Die Fahrkunst wurde um 1833 im Harz zum ersten Mal eingesetzt.
Der Nachteil der Installationen mit einem Rad, waren, das in einem Zeitfenster Auffahrten und in einem anderen Zeitfenster Einfahrten aus Sicherheitsgründen möglich waren. Um sowohl Ein- und Ausfahrten Gleichzeitig vornehmen zu Können brauchte man zweirädrige Maschinen, also zwei unabhängige Systeme. Die Fahrkunst war effizient und sicher.
 

siehe eine Fahrkunst in Aktion

TREPTOW, E. (1900): Bergbau einschließlich Steinbruchbetrieb und Edelsteingewinnung. - 396 Abbildungen y 6 Anhänge; Otto Spamer Verlag, Leipzig.
[Sammlung W. Griem ]

Text - original de G. Köhler, 1903; p.499ff:


2. Kapitel: Fahrkünste.

5. Allgemeines. —
Die Fahrkünste sind im Jahre 1833 von dem Bergmeister Dörell in Zellerfeld am Harz erfunden und zuerst im Spiegelthaler Schachte in Anwendung gebracht. Da in tiefen Schächten das Fahren auf der Fahrt die Gesundheit der Arbeiter im besten Mannesalter zerstört, so war die Erfindung der Fahrkünste, zunächst für den Harzer Bergbau, von ebenso großer Wichtigkeit, als die etwa gleichzeitige Erfindung der Drahtseile, zumal man in den tonnlägigen Schächten Seilfahrung nicht hätte anwenden können.

Bei den jetzigen Ausführungen lassen sich zweitrümmige und eintrümmige Fahrkünste unterscheiden. Die Bewegung der Fahrkünste geschieht entweder indirekt mittels Krummzapfen und Kunstkreuzen, bzw. Kunstwinkeln, oder mit direkt wirkenden Dampfmaschinen, oder mit gepresstem Wasser, wie im Schachte Kaiser Wilhelm II. bei Clausthal.


6. Doppeltrümmige Fahrkünste. —
Die doppeltrümmigen Fahrkünste sind die ältesten und am Harz in ausschließlicher Verwendung gebliebenen. An zwei auf- und abgehenden Gestängen befinden sich Tritte und Handgriffe, welche beim Hubwechsel in gleicher Höhe stehen und ein Übertreten gestatten. Die Entfernung der Gestänge beträgt etwa 70 cm, die Hubhöhe bei den älteren Künsten 100 bis 143 cm, bei den neueren 200 bis 400 cm, die Anzahl der minütlichen Hübe 6 bis 10. Die hölzernen Tritte sind bei den älteren Harzer Fahrkünsten 26 bis 32 cm im Quadrat und werden mit versenkten Schrauben oder mit Nägeln an gebogenen Tritteisen befestigt, welche ihrerseits am Gestänge ebenfalls mit Schrauben oder Nägeln befestigt sind.

Die Handgriffe sind eiserne, an beiden Seiten des Gestänges angenagelte Bügel. Bei den älteren Fahrkünsten in tonnlägigen Schächten befinden sich die Tritte auf der hangenden Seite der Gestänge nur an solchen Stellen; wo hier kein Raum ist, hat man sie auch am Liegenden, dann aber an Tritteisen von solcher Länge angebracht, daß der Fahrende aufrecht stehen kann. An Stellen, wo Fangvorrichtungen u. s. w. eingebaut sind, können nicht immer Tritte sein und müssen Fahrten benutzt werden. Oberhalb der Ruhebühnen bringt man in seigeren Schächten Griffe und Tritte auf die entgegengesetzte Seite und vermeidet dadurch die Fahrten. Bei den nach dem Cornwall er Systeme gebauten, von Loam im Jahre 1841 entworfenen Fahrkünsten schließen die Trittbühnen dicht aneinander, sind 47 cm lang, 42 cm breit und zwischen den Gestängen angebracht (Fig 442).

Nach diesem Systeme war u. a. die Fahrkunst auf Zeche Gewalt in Westfalen (1852) erbaut. Warocque umgab die Bühnen mit Geländern aus Eisenstäben, was jedoch unnötig erscheint, weil Unglücksfälle hauptsächlich beim Übertreten vorkommen, wobei die Geländer nicht schützen können. Die Bühnen (Tritte) sind dabei so groß, daß 4 Mann zugleich — 2 Aus- und 2 Einfahrende — darauf stehen können. Die Warocquöschen Fahrkünste, von denen drei zu Mariemont eingebaut wurden, erhielten 3 m Hub und eine Hubzahl von 7 bis 8 in der Minute. Die Bewegung erfolgt durch direkt wirkende Dampfmaschinen mit Katarakt-steuerung.

Auf dem neuen 870 m tiefen Schachte Kaiser Wilhelm II. bei Clausthal ist eine Fahrkunst eingebaut, welche, entsprechend einem Vorschläge von Lorimier, mit Hilfe einer Wassersäulenmaschine die mit den Gestängen verbundenen Kolben abwechselnd auf und ab bewegt. An den Gestängen sind auf zwei Seiten Griffe und Tritte angebracht, sodaß auf der einen Gestängeseite aus-, auf der andern eingefahren werden kann. Die Hubhöhe beträgt 4 m, sodaß bei den vorgesehenen 4 Doppelhüben die Fahrgeschwindigkeit:  

(2-4-4)/60= 0,533 m in der Sekunde beträgt.

Die Kraftmaschine ist auf der Sohle des Ernst-August-Stollens aufgestellt. Die Gestänge sind über Tage mit zwei Gegengewichtshebeln von je 10.000 kg Gewicht verbunden und im Schachte mit Wasserdruckausgleichungen versehen, welche in je 96 m Entfernung angebracht sind und gleichzeitig als Führungen, sowie bei eintretenden Brüchen als Fangvorrichtungen dienen. Die Kraftmaschine braucht bei 860 m Gefälle etwa 1,3 cbm Aufschlagwasser. Eine besondere Bremsvorrichtung wirkt durch Drosselung der Abflußwasser.

Auch für die Grube Himmelfahrt bei Freiberg ist eine Fahrkunst gebaut, welche von einer unterirdisch aufgestellten, direkt wirkenden Wassersäulenmaschine betrieben wird. Das Druckwasser wirkt aber nicht von unten, sondern von oben auf die Kolben, welche sich in, am unteren Ende U-förmig verbundenen Zylindern befinden. Das eingeschlossene Wasser bildet lediglich ein hydraulisches Gestänge. Durch Verschiebung der Kolben kann die Hubhöhe verändert werden. Die Fahrkunst im Königin Marienschachte bei Clausthal hat 3,84m Hub, macht 3,75 Hübe pro Minute und wird durch eine 50pferdige Corlißmaschine [eine verbesserte Dampfmaschine] bewegt. Dieselbe ist 12 Stunden täglich Über jedem Handgriffe ist ein Blechdach angebracht, um die auf den Tritten Stehenden gegen herabfallende Gegenstände zu schützen.


7. Eintrümmige Fahrkünste. —
Bei den eintrümmigen, oder Fahrkünsten mit nur einem Gestänge, wie sie mehrfach in Westfalen in Anwendung stehen, befinden sich an den Gestängen Bühnen zum Aufnehmen mehrerer Personen, während an dem entsprechenden Schachtstoße feste Bühnen angebracht sind. Auf die letzteren treten die Fahrenden am Ende jedes Hubes ab, um am Ende des folgenden wiederum auf die Gestängebühnen zu treten. Bei gleicher Geschwindigkeit und Hubhöhe haben die eintrümmigen Fahrkünste nur die halbe Leistung der doppeltrümmigen, sind auch wegen der ungleichmäßigen Arbeit mechanisch unvollkommener und bedürfen einer besonderen Ausgleichung des Gestänge-Gewichtes).


8. Andere Systeme von Fahrkünsten. —
Im Schachte Saint Vaast zu Anzin hat Mehu eine kombinierte Fahr- und Fördermaschine in Anwendung gebracht, die aber weitere Verbreitung nicht gefunden hat. Ähnliche Vorschläge sind von Warocque, Guibal, sowie von Schröder gemacht.


9. Gestänge. —
Die für Fahrkünste benutzten Gestänge bestehen aus Holzstangen, Walzeisen und Drahtseilen. Die Holzgestänge stellt man durch Verkämmen zweier fortlaufender Hälften auf deren flachen Seiten her. Über jedem Wechsel liegen Eisenschienen, welche durch Schrauben verbunden sind. Auch die Fahrkünste von Warocque in Belgien und Loam in Cornwall haben hölzerne Gestänge. Die letzteren bestehen bei 200 bis 300 m Teufe aus nordischem Fichtenholze in Stücken von 11/2 m Länge und 17 bis 21 cm im Quadrat.

Wenn in oberen Teufen ein rasches Vermodern zu befürchten ist, so stellt man das Gestänge hier aus Eichenholz, im Übrigen aber aus astfreiem, gesundem und dichtem Fichtenholze her. Gestänge von Drahtseilen sind bis jetzt nur auf dem Samsoner Schachte in St. Andreasberg und früher auf dem Schmidtschachte bei Eisleben angewendet. In St. Andreasberg besteht jedes der beiden Gestänge aus zwei Drahtseilen aus Patenttiegelgußstahl, welche seit 1884 in fünf Abschnitten verjüngt sind und zwar derart, daß die Seile des ersten Abschnittes aus 7 Litzen zu 14 Drähten mit einer Seilstärke von 36,3 mm, die übrigen Seile aus je 7 Litzen zu 7 Drähten mit einer Seilstärke von 32,9 — 31,2 — 28,5 und 23,1 mm bestehen.

Die Verbindung der einzelnen Seile besteht aus eisernen Büchsen, innerhalb welcher die Drähte des Seiles über einen Ring auseinandergebogen sind und in dieser Lage durch eine Drahtumwickelung, welche dem Konus der Büchse entspricht, festgehalten werden. Die untersten Seilstücke sind zur Erzielung der erforderlichen Spannung mit Belastungsgewichten versehen. Derartige Gestänge eignen sich für tiefe Schächte mit verschiedener Tonnlage und haben den weiteren Vorteil eines geringen Gewichtes. Gestänge aus Walzeisen werden bei neueren Fahrkünsten vorwiegend angewendet.

Auf dem Bolzeschacht bei Eisleben, in Seraing, auf den Gruben Angleur in Belgien und Furth bei Aachen hat jedes Gestänge vier runde Stangen, welche die Tritte zwischen sich fassen. Auf den Gruben Gewalt bei Steele und Centrum bei Eschweiler wurden zwei parallele Winkelschienen mit den Rippen nach außen, auf der Grube Zollverein in Westfalen vier Winkelschienen angewendet. Vier flache Eisenschienen finden auf der Grube Oberhausen, zwei im Königin Marienschachte bei Clausthal (Fig. 443) und im Schachte Luise der Grube Centrum bei Eschweiler ) Anwendung.


10. Führungen und Fangvorrichtungen. —
Die Führungen durch Lehrlager und Rollen sind bei den Gestängen der Fahrkünste dieselben, wie bei denjenigen der Schachtpumpen. Die Fangvorrichtungen sollen bei etwaigen Brüchen der Gestänge größere Unglücksfälle verhüten. Bei den neueren zweitrümmigen Fahrkünsten am Harz hat man Fangscheiben angebracht (im Marienschachte in Entfernungen von 61,5 m, nur die oberste liegt 42,6 m. unter Tage), welche in einer Ebene mit den beiden Gestängen und auf der den Tritten entgegengesetzten Seite liegen.

Über die Fangscheiben sind starke Laschenketten oder gewöhnliche Ketten gelegt, deren Enden je mit einem Gestänge verbunden sind. Bricht eines derselben, so wird es durch die Kette der nächst unteren Fangscheibe am Fallen verhindert, gleichzeitig aber auch das Gleichgewicht auf beiden Seiten erhalten, indem das gesunde Gestänge, welches ohne Fangscheiben mit Übergewicht und beschleunigter Geschwindigkeit niedergehen würde, mit dem zerbrochenen Gestänge verkuppelt bleibt und dasselbe beim Niedergange heben muß. Allerdings ist dabei die Gefahr nicht ausgeschlossen, daß der Stumpf des zerbrochenen Gestänges irgendwo aufsetzt, die Ketten der oberen Fangscheiben abwirft und so deren Wirkung aufhebt.

Die Spannung der Ketten erfolgt am Harz durch Streckschrauben. In Pribram befindet sich im unteren Teile der Kette eine Spiralfeder. Auf United mines hat Moissenet auf der Innenseite der Gestänge Zahnstangen angebracht, welche ein Zahnrad zwischen sich nehmen. Das letztere hängt mittels 5 m langer Stangen an einem kleinen Wagebalken mit Hebelarmen von 0,626 m und 2,5 m Länge, deren langer Arm mit etwa 4000 kg belastet ist. Außer derartigen Vorrichtungen sind noch, wie bei Pumpengestängen, Fangfrösche und Fanglager (s. d.) angebracht.

Um bei eintrümmigen Künsten eine Ausgleichung des Gestängegewichtes zu erreichen, sind Gegengewichtshebel über und unter Tage anzubringen. Bei mehreren Fahrkünsten sind an das Gestänge Kolben angeschlossen, welche in mit Wasser gefüllten Zylindern spielen. Diese stehen am unteren Ende in Verbindung, so daß bei einem Bruche das niederfallende Gestänge auf dem Wasser ruht, beziehungsweise von dem aufgehenden Gestänge abhängig bleibt. Eine für Fahrkunst- und Pumpengestänge anwendbare Fangvorrichtung halt Kollmann im Wilhelmschacht II der Königsgrube O./S. angebracht.

Dieselbe besteht im wesentlichen darin, daß das Gestänge sowohl unter, als auch über dem Bruche durch exzentrische Scheiben festgeklemmt und daß gleichzeitig die Maschine in Stillstand versetzt wird.

 

Literatur:

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Publiziert: 18.9.2019 / Aktualisiert: 18.9.2019, 6.9.2020
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