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Geschichte der Geowissenschaften: Allgemeine Geologie

Walther, 1908: Konkordante Lagerung

Historische Arbeiten

W. Griem, 2020

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Abbildung 36 Seite 142 :Die Konkordante Lagerung. - Original-Größe der Abbilddung 7 x 4 cm
Walther (1908)

Walther, J. (1908): Ge­schichte der Erde und des Lebens. - 560 Seiten, 353 Abbil­dungen; Verlag von Veit & Comp, Leipzig.
[Sammlung W..Griem]

Die Abbildungen wurden mit einem HP Scanjet G3110 mit 600dpi eingescannt, danach mit Corel Draw - Photo Paint (v. 19) digital bearbeitet. Speziell Filter der Grau­stufen­verbesserung, Elimination von Flecken sowie Ver­besserung der Schärfe wurden bei der Bild­bearbeitung angewandt (W. Griem 2020).

Die Texte wurden mit einer Pentax Kr-3 II digi­talisiert und später mit ABBYY (v.14) verarbeitet und zur OCR vorbereitet. Fraktur­schriften wurden mit ABBYY Fine Reader Online in ASCII um­gewandelt; "normale" Schrift­arten mit ABBYY Fine Reader Version 14.
Die Texte wurden den heutigen Recht­schreib­regeln teilweise angepasst, es wurden erläuternde und orien­tierende Zeilen eingefügt (W. Griem, 2020).

Walther, 1908: Konkordante Lagerung

Walther veröffentlichte 1908 eine Abbildung über die generellen Lagerungsverhältnisse. Konkordant, Diskordant usw. eine einfache aber schöne Abbildung .
Text Fig. 36: Drei geschichtete Gesteine (durch Signaturen unterschieden) überlagern sich konkordant. Die hangenden (mauerartigen) Schichten sind jünger, die liegende Bank (gestrichelt) älter als die mittlere (punktierte) Ablagerung.

Originaltext von Walther, 1908; p. 140 ff


11. Die Dokumente der Erdgeschichte

Aus den Kosmogenien des Altertums hat sich die wissenschaftliche Geologie langsam entwickelt, und der Nachweis von versteinerten „Meereskörpern“ mitten in den Bergen Italiens war wohl der bedeutsamste Anstoß für die Entstehung der neuen Wissenschaft. Schon Leonardo da Vinci folgerte daraus, daß diese Berge einmal Meeresgrund gewesen seien, und jeder neue Fund mariner Fossilien in den Schichten der Erdrinde bedeutete seither einen wichtigen Fortschritt unserer Wissenschaft. Man lernte die aufeinanderfolgenden Faunen chronologisch unterscheiden, man erkannte gleichaltrige Bildungen an dem gleichen Fossilgehalt und versuchte bald, die Umrisse alter Meere nach den Verbreitungsgrenzen leitender Fossilien zu zeichnen.

So ist das Interesse für geologische Probleme mit dem Studium versteinerter Meere gewachsen, und noch heute erscheint es vielfach als die einzige und wichtigste Aufgabe der Erdgeschichte, die Verteilung der Meeresgebiete auf der Erdoberfläche kartographisch darzustellen.

Aber inzwischen mehrten sich immer mehr die Anzeichen dafür, daß es in der geologischen Vergangenheit nicht allein Meere, sondern auch Festländer gegeben habe, deren Umrisse man nicht ohne weiteres aus dem Fehlen gleichzeitiger mariner Ablagerungen erschließen könne, sondern deren Ausdehnung und geographischer Charakter durch positive Dokumente belegt und untersucht werden müssen. Man kommt zu verhängnisvollen Irrtümern, wenn man jedes geschichtete Gestein für eine Meeresbildung hält, und begeht einen methodischen Fehler, wenn man jeden Fund von Wassertieren als ein Symptom von ozeanischem Salzwasser betrachtet. So wollen wir bei unseren folgenden Betrachtungen die geographischen, klimatischen, ozeanographischen und biologischen Zustände der einzelnen Perioden nicht nach veralteten Regeln, sondern an der Hand exakt beobachteter Tatsachen durch methodische Schlußfolgerung zu ergründen, suchen.

Nachdem die lithologischen Eigenschaften der Gesteine genau untersucht, ihre Lagerung tektonisch studiert und ihr Fossilgehalt bestimmt ist, nachdem diese Dokumente chronologisch geordnet sind, beginnt die eigentliche Arbeit der historischen Geologie. Es gilt die Tatsachen zu deuten, ihre ursächlichen Beziehungen zu verstehen und die Einzelbeobachtung zu einer paläogeographischen Übersicht zu erweitern.

Diese Aufgabe ist ungemein schwer und erfordert eine solche Fülle vorbereitender und vergleichender Studien, daß man es wohl verstehen kann, weshalb jeder Versuch einer erdgeschichtlichen Darstellung ein gewisses Maß von Unsicherheit enthält, und dieselbe Tatsachengruppe von verschiedenen Forschern oft in ganz verschiedener Weise gedeutet worden ist. Es gilt vor allen Dingen, eine wissenschaftlich wohlbegründete Methode anzuwenden und mit deren Hilfe das Beobachtungsmaterial ohne Vorurteil und mit voller Konsequenz zu ordnen.

Hierbei kann uns das Experiment nur wenig helfen. Denn wenn es schon schwer, oftmals geradezu unmöglich ist, ein im Laboratorium im Reagenzglas wohlgelungenes Experiment technisch im großen zu wiederholen, weil hierbei allerlei Umstände von maßgebender Bedeutung werden, die den kleinen Einzelversuch kaum beeinflussen konnten, so wird es noch viel schwieriger, die gewaltigen Dimensionen geologischer Vorgänge auf kleine Laboratoriums-Versuche zu beziehen. Hierbei ist der Hypothese und der Meinung ein so großer Spielraum gegeben, dasselbe Resultat kann durch so verschiedenartige Bedingungen erzielt werden, daß für die erdgeschichtliche Forschung durch die experimentellen Methoden ein fester Wegweiser nicht gegeben ist.

Unseres Erachtens kann nur die ontologische Methode unser Führer sein. Indem wir die geologischen Vorgänge der Gegenwart nach der Ursache und Wirkung genau untersuchen und mit ihrer Hilfe die Wirkungen längst vergangener Kräfte erschließen, haben wir festen Boden unter den Füßen, bedienen wir uns einer wissenschaftlich exakten Methode.

Wir wollen versuchen, die wichtigsten Grundsätze hier aufzuzählen, nach denen man bei einer erdgeschichtlichen Untersuchung zu verfahren hat, und die Tragweite der Schlüsse festzustellen, die uns die Erscheinungen der Gegenwart zu ziehen gestatten.

Zahlreiche Gesteine sind so gelagert, daß eine Masse deckenartig über der anderen folgt; wir nennen solche Felsarten geschichtet (s. Fig. 36). Die aufeinanderfolgenden Schichten sind entweder von gleicher Gesteinsbeschaffenheit und zeigen damit, daß derselbe gesteinsbildende Vorgang lange andauert; andere Gesteine werden durch neue Felsarten überlagert, deren Farbe und Struktur erkennen läßt, daß neue Bildungs-Bedingungen einsetzten. Oftmals folgen zwei verschiedene Gesteine in wiederholtem Wechsel übereinander (Wechsellagerung), dann wechselten ebenso oft die Umstände, und wir kommen zur Annahme oszillierender Verschiebung der Grenzen zwischen zwei verschiedenen Bildungsräumen. Daß die obere oder hangende Gesteinsschicht jünger ist als die untere liegende Felsart, erscheint selbstverständlich, bildet aber für die Aufstellung der chronologischen Zeitfolge der Ereignisse den wichtigsten Grundsatz; zugleich wird der Trennungsfuge zwischen den sich überlagernden Gesteinsplatten eine besondere Bedeutung zugesprochen. Die trennende Schichtenfuge ist entweder eben — konkordant (s. Fig. 36) —, oder das jüngere Gestein ist über ältere Schichten ungleichmäßig — diskordant (s. Fig. 37) — hinweggelagert.


Während die konkordante Überlagerung leicht zu verstehen und genetisch zu deuten ist, bieten die Diskordanzen erhebliche Schwierigkeiten. Eine Überschiebung kann ganz den Anblick einer Diskordanz vortäuschen, und manche Diskordanz ist nur durch eine kaum merkliche Veränderung der Schichtenneigung angedeutet. In der Regel aber zeigt eine Diskordanz, daß ursprünglich horizontale Schichten gebogen und gebrochen, dann teilweise wieder abgetragen wurden, ehe die hangenden Deckschichten darüber ausgebreitet wurden, und so lesen wir aus einem solchen Profil (s. Fig. 37) folgende Entwicklungsstadien heraus:

1. Bildung einer Folge von (weißen, punktierten, schwarzen und schraffierten) Ablagerungen,
2. Verhärtung derselben zu Gesteinen,
3. Faltung und Schichtenstörungen,
4. teilweise Abtragung,
5. Neubildung einer Folge von Geröllen (gestrichelten) und (punktierten) Ablagerungen, die diskordant über den vorhergehenden liegen. 


Eine einfache Überlegung zeigt uns, daß jede dieser Schichtenfugen einmal die Oberfläche der Erdrinde bildete, und daraus folgt, daß wir aus der Gestalt der Schichtenfugen die Formen uralter Landschaften erschließen können.

Wenn durch den Gebirgsbildungsvorgang die ursprünglich horizontal gelagerte Schicht gefaltet und gebogen ist, dann wird es oftmals schwer, die älteren (liegenden) von den jüngeren (hangenden) Ablagerungen scharf zu unterscheiden. Doch gibt die genauere Untersuchung meist auch in solchen Fällen (s. Fig. 38. 39) entscheidende Aufschlüsse.

Durch Faltung und sogar durch Überkippung wird der ursprüngliche Schichtenverband meist nicht verändert; und wenn eine ausgesprochene Diskordanz (s. Fig. 39) mitgefaltet wird, so erkennt doch das Auge des Fachmanns noch immer die oben aufgezählten Phasen verschiedener Bildungsumstände.

Grundverschieden von der geschichteten ist die gangförmige Lagerung, die besonders bei plutonischem und vulkanischem Gestein, dann bei Erzgängen und ähnlichen sekundären Ausfüllungen von Gesteinsspalten regelmäßig auftritt.

Ein Gang ist eine mit Gestein oder Mineralmassen erfüllte Spalte; er ist stets jünger als alle von ihm durchsetzten Gesteine, und wenn sich zwei Gänge (s. Fig. 40) kreuzen, kann man leicht den älteren (verworfenen) von dem jüngeren (Verwerfer) unterscheiden. Bruchstücke des ersteren in diesem und die Durchschneidungsstelle geben lehrreiche Fingerzeige. Es kann freilich auch bei Gängen vorkommen, daß sie zwischen zwei Schichten scheinbar konkordant eingeschaltet sind (s. Fig. 40 links oben), doch wird man auch in solchen Fällen durch die Untersuchung des Schichtverbandes leicht feststellen können, welches Gestein das ältere und welches das jüngere ist.


Man pflegt oftmals jede konkordante Schichtenfuge ohne weiteres als Zeichen ehemaliger Meeresbedeckung und eine Diskordanz als Zeichen früheren Festlandes zu betrachten, allein es gibt große Flächen des heutigen Festlandes, welche mit konkordant geschichteten Ablagerungen bedeckt werden, und wir müssen daher nach besonderen Charakteren der sich überlagernden Gesteine suchen, an denen der marine oder festländische Charakter derselben erkannt werden kann.

Auf dem heutigen Festlande unterscheiden wir zuerst Ebenen und Gebirge; diese sind durch vorwiegende Abtragung, jene durch. Ablagerung neu gebildeter Sedimente bezeichnet, aber nur selten finden wir solche mit gleichmäßiger Gesteinsbeschaffenheit über große Erträume verbreitet. Die Dünen des Küstenstreifens, die Sandschichten der Flußniederungen, die Gerölle des Flußbettes und die „Sümpfe wasserreicher Ebenen vertreten sich gegenseitig und bilden lokale Faziesbezirke. Die Nähe des Meeres 'gestattet' marinen Pflanzen und’ Tieren in die mit brackischem oder süßem Wasser bedeckten Küstengebiete einzuwandern. Delphine und Haie, Krebse und Mollusken, Hydroiden und Medusen, Spongien und Korallen, Bryozoen und Brachiopoden, Foraminiferen und Heliozoen finden wir gegenwärtig in wenig gesalzenem Wasser und können daraus ermessen, daß fast alle Meerestiere in einzelnen Vertretern auch halbsüße Küstengewässer, sogar limnisches Flußwasser zu bewohnen vermögen. Aber immer sind es nur einzelne Gattungen und Arten, die widerstandsfähig genug sind, um eine so gründliche Veränderung ihrer Lebensgewohnheiten zu ertragen. " Dadurch wird der Kampf ums Dasein, welcher das prozentuale Verhältnis der verschiedenen Formen einer Meeres-fauna, regelt, gänzlich verändert, und es kommt zu einer großen Verunehrung der Individuen auf Kosten der Arten.

Ganz ähnlich liegen die Verhältnisse, wenn einzelne Vertreter der Meeresfauna in salinische Salzseen hineinwandern. Auch in diesem Falle vollzieht sich eine sehr gründliche Auslese, und die wenigen Formen, Welche den erhöhten Salzgehalt vertragen, vermehren sich ins Ungemessene.

Trotzdem also Süßwasserseen, Flüsse und Salzseen Abkömmlinge mariner Faunen enthalten können, rechnen wir sie zum Festlande und werden nur solche Ablagerungen als marin bezeichnen, welche eine formenreiche ozeanische Fauna enthalten.

Ein sehr bezeichnendes Element der heutigen Festländer sind die Berge und Gebirge; beide werden im Querschnitt des Schichtenprofils als Diskordanzen erscheinen, und aus der Neigung der diskordanten Trennungsfuge werden wir die Böschung des einstigen Geländes unschwer beurteilen können. Ist die abgetragene ältere Gesteinsreihe nicht mehr horizontal gelagert, sondern durch Verwerfungen und Falten gestört, bevor die diskordanten Deckschichten darüber gebreitet wurden, dann werden wir an der betreffenden Stelle ein Faltengebirge einzuzeichnen haben.

Das nach Wegräumung des aufgehobenen Materials zurückbleibende Landschaftsbild ist in seiner Gestalt abhängig von der Ethologischen Zusammensetzung der Erdrinde und der spezifischen Wirkungsart der abtragenden Kräfte. Ein durch fließendes Wasser gebildetes Tal sieht ganz anders aus, wie eine durch den Wind oder das Gletschereis erzeugte Furche. Es ist die Aufgabe der vergleichenden Landschaftskunde, nicht allein für die Gegenwart die gesetzmäßige Abhängigkeit der Talformen zu erkennen, sondern die so gewonnenen Resultate auch auf die früheren Perioden der Erdgeschichte anzuwenden.

Da die Abhänge aller Gebirge von einem Saum mächtiger Schuttablagerungen umgeben werden, die an der Mündung großer Täler als fächerartig verbreiterter Geröllkegel, an tal-armen Abhängen als breite Schutt- und Sandterrassen erscheinen, werden wir uns nicht wundem, gerade neben und über gefalteten Schichten mächtige Ablagerungen von Konglomeraten, Sandsteinen und Breccien zu begegnen. Während ihrer Bildung geht aber vielfach der Faltungsvorgang weiter, und die eben gebildeten Sedimente werden mitgefaltet. So bilden sich Ablagerungen von ungeheurer Mächtigkeit. Jedes erneute Einsetzen der Faltung bedingt die Vermehrung grober Brachstücke. Wenn der Gebirgsbildungsvorgang aber nachläßt, dann werden vorwiegend feinkörnige Elemente herausgetragen. Daher werden wir aus der Zahl und Verteilung von konglomeratischen Einschaltungen leicht Schlüsse ziehen können auf die einzelnen Phasen des gebirgsbildenden Vorganges.

Die weite Verbreitung festländischer Vulkane in der Gegenwart macht es wahrscheinlich, daß auch viele vulkanische Gesteine früherer Erdperioden festländisch entstanden sind. Geschichtete Tuffe, fluidale Lavaströme und die klastischen Abtragungsprodukte am Abhang vulkanischer Berggruppen, eingeschaltete Kraterseen und abgedämmte Wasserflächen werden leicht wiedererkannt werden. Der häufige Wechsel konkordanter und diskordanter Lagerung ist dann ein deutliches Zeichen für die Vorgänge erneuter vulkanischer Ausbrüche und wiederholter Abtragung der eben gebildeten Aschenkegel.

--p. 147 --

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Publiziert: 18.9.2019 / Aktualisiert: 18.9.2019, 5.7.2020, 30.8.2020
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