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Geschichte der Geowissenschaften: Bergbau

Die Marmorbrüche von Carrara, Italien (Neumayr & Uhlig, 1897)

Historische Arbeiten

W. Griem 2007 - 2020

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Die Marmorbrüche von Carrara, Italien (Neumayr & Uhlig, 1897)

Carrara Marmor ist möglicherweise eines der bekanntesten Ornamentgesteine, Weltweit wird er als ausgangsmaterial für Statuen usw. geschätzt. Noch heute werden jährlich etwa eine Million Tonnen gefördert.

Abbildung: Die Marmorbrüche von Carrara, Italien. Aus Neumayr & Uhlig (1897):
Original Abbildung 64 - Band 2 (OCR-Version)

Neumayr, M. Uhlig, V. (1897): Erdgeschichte. - Band 1: 692 Seiten, 378 Abbildungen; Band 2: 700 Seiten, 495 Abbildungen, Verlag Bibliographisches Institut, Leipzig und Wien. [Sammlung W. Griem]

Die Abbildungen wurden mit einem HP Scanjet G3110 mit 600dpi eingescannt, danach mit Corel Draw - Photo Paint (v. 19) digital bearbeitet. Speziell Filter der Grau­stufenverbesserung, Elimination von Flecken sowie Ver­besserung der Schärfe wurden bei der Bildbearbeitung angewandt (W. Griem 2020).

Die Texte wurden mit einer Pentax Kr-3 II digi­talisiert und später mit ABBYY (v.14) ver­arbeitet und zur OCR vor­bereitet. Fraktur­schriften wurden mit ABBYY Fine Reader Online in ASCII umge­wandelt; "normale" Schrift­arten mit ABBYY Fine Reader Version 14.
Die Texte wurden den heutigen Recht­schreib­regeln teil­weise ange­passt, es wurden erläuternde und orien­tierende Zeilen ein­gefügt (W. Griem, 2020).

Originaltext aus Neumayr & Uhlig, Bd. 2 p. 181 - 182 (OCR-Version)
Der Marmor:


Wie schon bemerkt wurde, ist der großkörnige Kalk durch Metamorphose aus dichtem Kalk hervorgegangen. Häufig erscheint er im kristallinischen Schiefergebirge eingelagert; er wird von Gneis und Glimmerschiefer umgeben und geht in diese unter Bildung von Cipolin und Kalkglimmerschiefer über. Da, wo dichte Kalke von Eruptivgesteinen durchbrochen werden, erfahren sie ebenfalls häufig eine Umwandlung in Marmor. Dieselbe Wirkung kann da zu Tage treten, wo infolge der Gebirgsbildung mächtige Druckwirkungen frei wurden, wie an der Grenze von Gneis und Kalk im Berner Oberland. Nirgends treten uns die metamorphischen Erscheinungen in großartigeren Zügen entgegen als in der allklassischen Heimat des Marmors, in Griechenland und Italien. In Griechenland erscheinen die Marmore namentlich im Osten des Landes und auf den Kykladischen Inseln.

Mächtige, oft wohlgeschichtete Einlagerungen im kristallinischen Schiefer bildend oder auf diesen aufruhend, werden sie von vielen Geologen als metamorphosierte Kalke der Kreideformation angesprochen. Die erste Stelle räumte man im Altertum dem Marmor der Insel Paros ein; man schätzte ihn als Statuenmarmor namentlich wegen seines gleichmäßig feinen Kornes und seines warmen, gelblichen Tones. Heute bricht man auf Paros einen ziemlich großkörnigen Marmor, der einen kalt anmutenden Stich ins Bläuliche besitzt und daher als Bildhauermarmor nicht zu empfehlen ist. Nächst dem parischen war im Altertum namentlich der pentelische Marmor mit seinem goldschimmernden Tone berühmt. Er lieferte das Material zu den Propyläen, den Bauwerken der Akropolis, dem Theseion, dem Tempel des Zeus Olympios. Neben dem parischen und pentelischen verwendeten die Griechen auch den Marmor des Hymettos, des Lauriongebirges und der Inseln Skiathos, Andros, Naxos und Tenos. Von Euböa stammt der karystische Marmor, ein von grünlichen Adern durchzogener Stein, der besonders bei den Römern viel Anklang gefunden hat.

In Italien kam der jetzt so berühmte Marmor von Carrara in den Apuanischen Alpen erst zur römischen Kaiserzeit in Aufnahme. Aus diesem herrlichen Material gefertigt ist zum Beispiel der Apollo vom Belvedere und auch der größte Teil der plastischen Meisterwerke, die seit dem Wiederaufleben der Skulptur geschaffen wurden, wie die Werke Thormaldsens. Der pittoreske und geologisch komplizierte Gebirgszug der Apuanischen Alpen bildet einen Teil der Catena metallisera, die sich aus der Gegend von Spezzia am toskanischen Strand in südsüdöstlicher Richtung gegen das römische Gebiet hinzieht. Innerhalb der Apuanischen Alpen treten die marmorführenden Schichten, denen man triadisches Alter zuschreibt, in einer Länge von 9—16, einer Breite von 3 — 4 km auf und bestehen aus drei Gruppen. Die oberste ist eins Wechsellagerung von Cipolin, glimmerreichem Sandstein, die kleine Marmorlinsen und Kalke mit Krinoiden und kleinen Ammoniten birgt; dann folgt der eigentliche Marmor und kristallinischer Dolomit, ungefähr 1000 m mächtig, und endlich kommen graue, kompakte oder Breccien- förmige, zuweilen Fossile führende Kalke (grezzoni).

Unter den kanarischen Marmoren unterscheidet man im allgemeinen zwei Gruppen: die Hellen Sorten bilden den Chiaro, die dunkeln den Bardiglio. Unter den Hellen ist die kostbarste Sorte der Statuario, der eigentliche Statuen-Marmor, der durch sein zuckerkörniges, gleichmäßiges Gefüge, blendende Weiße, unvergleichliche Politurfähigkeit, lebhaften, wachsartigen Glanz und mäßige Härte das Ideal der Statuen-Marmore bildet. Der echte Statuario ist auch in Carrara ein kostbares Material, da er in höchster Reinheit nur in einzelnen Linsen vorkommt, die von weniger reinem, fleckigem, Pyrit und Quarzkristalle enthaltendem Marmor umgeben werden; daher beteiligt er sich nur mit etwa 5 Prozent an der Gesamtproduktion von Carrara.

Die Hauptmasse des gewöhnlichen Bildhauermaterials liefert der Bianco chiaro, der ein gröberes Korn besitzt und nicht so schön weiß ist wie der Statuario, aber den Einflüssen der Witterung besser Widerstand leistet. Die grau gestreiften und geaderten Sorten, die meist nur zu Tafeln, Säulen, Platten, Kaminen und dergleichen verwendet werden, gehen über in die dunkeln Sorten des Bardiglio. Großer Beliebtheit erfreuen sich der bunten Farben wegen die Marmorbreccien, so der pfirsichfarbene bis violette Mischio di Serravezza, der weiße, mit gelben, braunen und schwarzen Adern durchflammte Pavonazzo etc..

Der Hauptsitz der apuanischen Marmorindustrie ist Carrara; seit 1836 ist auch Massa di Carrara und etwas später Serravezza hinzugetreten. Manche Steinbrüche datieren noch aus der Römerzeit. Infolge des vieljährigen Betriebes sammeln sich in den Steinbrüchen riesige Schutthalden an, die oft zum Verlassen eines Bruches zwingen, auch wenn sein Marmorreichtum noch nicht erschöpft ist (s. Abbildung 64). Mehr als 2000 Jahre dauert schon die Marmorgewinnung bei Carrara, und doch sind die natürlichen Vorräte von diesem herrlichen Material noch weit entfernt davon, merklich verringert zu sein. An den alten Produktionsstellen ist nur die Oberfläche angeritzt, und die unzugänglicheren Partien tiefer im Gebirge sind vielfach noch ganz unberührt. Seit längerer Zeit ist die Gewinnung im steten Wachsen begriffen, und der Wert der jährlichen Ausfuhr betrug in den letzten Jahren etwa 13 Millionen Mark.

Vollkristallinische Marmore von geringerem Werte bieten sich fast allenthalben dar, wo das kristallinische Schiefergebirge eine größere Ausdehnung besitzt. Sie werden zumeist für ornamentale Zwecke verwendet; nur der Tiroler Marmor von Laas und Schlanders im Vintschgau ist in neuerer Zeit auch zu statuarischen Arbeiten in Aufnahme gekommen. Die dichten Marmore haben meist eine geringere Härte und Politurfähigkeit und namentlich geringere Widerstandsfähigkeit gegen die Einwirkung der Atmosphärile als die großkristallinischen. Die bunten Farben und die Mannigfaltigkeit der Zeichnung, deren Reiz durch eingeschlossene Versteinerungen häufig noch erhöht wird, bedingen die Beliebtheit der dichten Marmore, deren einzelne Vorkommnisse so zahlreich sind, daß es unmöglich ist, hier auf Einzelheiten einzugehen. Ihrem geologischen Alter nach gehöret: sic meist den paläozoischen und mesozoischen, seltener den känozoischen Formationen an.


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Publiziert: 16.2.2020 / Aktualisiert: 16.2.2020, 19.9.2020
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