Geologie virtuell
www.geovirtual2.cl

Geschichte der Geowissenschaften: Geologie

F. Siegmund (1877): Erloschene Vulkane, Text Vulkane

Historische Arbeiten

W. Griem 2007 - 2020

Inhalt der Seite: Abbildung | Beschreibungen | Text | Info der Abbildung | Nächste Seite | Inhalt | Mehr geovirtual

F. Siegmund (1877): Erloschene Vulkane

Siegmund (1877) veröffentlichte eine Abbildung einer Reihe erloschener Vulkane.
Siegmund veröffentlichte einen etwas längeren Text, etwa 8 Seiten über Vulkane.


Text, Vulkane:

1. Heute im Jahre 2020 werden etwa 1500 aktive Vulkane auf der Erde geschätzt.

2. Interessante Logik am Schluss: "im letzteren Falle mit sekundärer, terrestrischer Wärme zu tun" Wenn die Vulkane also eigene Magmen- Kammern besitzen (wie dies der Fall ist) muss von einer sekundären der Erde ausgegangen werden.


Fumarole oder Schlackenkegel des Vesuvs

Fig. 8: Schlackenkegel einer Fumarole auf einem Lavastrome am Vesuv.

Foto/Scan - Digital Bearbeitet: (W. Griem, 2019); aus: Siegmund, F. (1877): Untergegangene Welten - Eine populäre Darstellung der Geschichte der Schöpfung und der Wunder der Vorwelt. Abbildung 4a: Erloschene Vulkane, Seite 28 - Original-Dimension: 11 cm X 6 cm.

Siegmund, F. (1877): Untergegangene Welten - Eine populäre Darstellung der Geschichte der Schöpfung und der Wunder der Vorwelt. -  836 Seiten,  288 Abbildungen und eine Karte; Verlag A. Hartlebens, Wien, Pest, Leipzig.
[Sammlung W. Griem]
Siegmund: Die Erde Bau und Bildung [Korrigiert, OCR Version]

Die Abbildungen wurden mit einem HP Scanjet G3110 mit 600dpi eingescannt, danach mit Corel Draw - Photo Paint (v. 19) digital bearbeitet. Speziell Filter der Grau­stufenverbesserung, Elimination von Flecken sowie Ver­besserung der Schärfe wurden bei der Bildbearbeitung angewandt (W. Griem 2020).

Die Texte wurden mit einer Pentax Kr-3 II digi­talisiert und später mit ABBYY (v.14) ver­arbeitet und zur OCR vor­bereitet. Fraktur­schriften wurden mit ABBYY Fine Reader Online in ASCII umge­wandelt; "normale" Schrift­arten mit ABBYY Fine Reader Version 14.
Die Texte wurden den heutigen Recht­schreib­regeln teil­weise ange­passt, es wurden erläuternde und orien­tierende Zeilen ein­gefügt (W. Griem, 2020).

Original Text von Siegmund, 1877;
p. 34


1. Der Vulkanismus der Erde.
Alex. v. Humboldt bezeichnet den Vulkanismus als den Inbegriff aller Reaktionen des Inneren gegen seine Rinde und Oberfläche. Diese Reaktion äußert sich in einem Erbeben und Erzittern der Erdoberfläche, die von unten erschüttert wird, die sich hebt oder senkt, bald ruckweise und plötzlich, bald ununterbrochen und kaum bemerkbar im Laufe von Jahrhunderten; sie äußert sich in Unheil verkündenden Schallphänomenen, in dumpfem unterirdischen Getöse, Rollen und Donnern, und sie äußert sich in verheerenden Eruptionserscheinungen, in dem Hervorbrechen von gasförmigen oder tropfbaren Flüssigkeiten, von heißem Wasserdampf, von heißem Schlamm und glühender feurigflüssiger Gesteinsmasse. Wenn man täglich Nachricht von dem Zustande der ganzen Erdoberfläche haben könnte, so würde man sich wahrscheinlich überzeugen, daß die Erdoberfläche ununterbrochen solchen Reaktionen des Erdinneren unterworfen ist.

Vulkane.
Unter Vulkanen versteht man Berge, an welchen Eruptionserscheinungen wahrgenommen werden. Die Öffnung am Gipfel oder an der Seite der Vulkane, durch welche die Communication des vulkanischen Herdes mit dem Luftkreise stattfindet, heißt der Krater, und die festen oder feurigflüssigen Gesteinsmassen, welche ausgeworfen werden und aus dem Krater fließen, nennt man Lava. Der Berg ist jedoch, soweit es sich nicht um das Studium der Gesteinsmassen als solcher handelt, Nebensache, und vor Allem muß man sich erinnern, daß ein Berg oder ein Gebirge sich nicht über das Niveau der See zu erheben braucht, daß wir auch ebenso gut von unterseeischen Bergen, Vulkanen oder vulkanischen Gebirgen reden können. Nehmen wir auf den Begriff des Berges keine Rücksicht, so umfasst die obige erweiterte Definition also nicht nur die Vulkane im engeren Sinne, sondern auch alle diejenigen Krater oder vulkanischen Kanäle, welche nur gasförmige oder wässerige Flüssigkeiten von relativ hoher Temperatur nach oben führen, also auch die Solfataren, die Gas- und Schlammvulkane und namentlich auch alle warmen Quellen, deren Zusammenhang mit den Vulkanen nicht außer Acht zu lassen ist.

Die Zahl der eigentlichen Vulkane zu ermitteln, ist sehr schwierig, weil wir die tätigen von den erloschenen Vulkanen und die letzteren wiederum von den älteren Eruptivmassen nur unsicher abgrenzen können. Man nennt einen Vulcan tätig, wenn seit historischen Zeiten eine oder mehrere Eruptionen von demselben bekannt find, erloschen, wenn dies nicht der Fall ist. Aber man weiß, daß der Zeitraum, welchen wir historische Zeiten nennen, für unser menschliches Leben und Wirken zwar ziemlich viel, für die geologischen Veränderungen an der Erdoberfläche sehr wenig bedeutet, und daß eine solche lange Zeit der Ruhe bei einem Vulcan durchaus noch keine Garantie für alle Zukunft einschließt. So müßten wir nach solchen historischen Bestimmungen den Vesuv zu den ausgebrannten, erloschenen Vulkanen rechnen, denn vor der schrecklichen Eruption im Jahre 79, wodurch Pompeji und Herculanum verwüstet wurden, war dieser Berg nicht als Vulcan bekannt. Wir lesen wohl, daß auf seinen Höhen Gefechte stattfanden — Spartacus gebrauchte den Krater als Festung und hatte sich mit 10,000 Mann darin verschanzt, die dort Fruchtbäume und Weinreben, aber keinerlei vulkanische Erscheinungen- antrafen. Kein Schriftsteller der Alten, bemerkt Prof. Vogelfang, erwähnt einer vulkanischen Tätigkeit des Vesuvs, nur Vitruv spricht bei Beschreibung des Baumaterials aus jener Gegend von einem alten Gerüchte, daß der Vesuv einst Flammen ausgestoßen habe. Bemerkenswert ist aber, daß nicht lange vor Vitruv durch Diodorus Siculus aus echt naturwissenschaftlichen Beobachtungen, auf Grund eines Vergleiches zwischen der Form und den Gesteinen des Ätna und Vesuvs die Folgerung ausgesprochen wurde, daß auch der letztere Berg vulkanischen Ursprungs sei.

Die vulkanische Tätigkeit am heutigen Vesuv hat übrigens schon begonnen, als das Land noch vom Meere bedeckt war, und auf einem alten, vorhistorischen Lavastrome ist ein Teil des verschütteten Pompeji erbaut. Später hat der Vesuv noch mehrmals lange Perioden der Ruhe gehabt, während welcher er wiederum das Aussehen eines erloschenen Vulkanes annahm. So von 1139 — 1306, von 1306 bis 1500 und von 1500—1631. Seit dem Ende des 17. Jahrhunderts ist der Berg jedoch nicht mehr recht zur Ruhe gekommen. Auch von anderen Vulkanen sind uns Beispiele sehr vereinzelter Tätigkeit bekannt.

Alex. v. Humboldt hat alle Vulkane gezählt, welche in vorhistorischer Zeit Ausbrüche gehabt haben. Er fand, daß es 407 tätige Vulkane gebe, darunter 225, welche in diesem Jahrhundert Ausbrüche hatten; der kleinste darunter, der Vulcan der japanischen Insel Kosima, 227" hoch, der höchste der Vulkane, Sahama in Bolivien, mit 6800m Höhe. Die von Humboldt aufgezählten Vulkane verteilen sich in folgender Weise (in Klammern die Zahl der noch in diesem Jahrhundert tätigen Vulkane) auf die

Kontinente und Meere:

1. Europa: 7 (4), [Vesuv, Ätna, Stromboli, Santorin]
2. Inseln des atlantischen Ozeans: 14 (8)
3. Afrika: 3 (1)
4. Asien:
a) westlicher Teil und das Innere: 11 (6)
b) Halbinsel Kamtschatka: 14  (9)
5. Ostasiatische Inseln: 69 (54)
6. Südasiatische Inseln: 120 (56)
7. Indischer Ozean: 9 (5)
8. Südsee 40  (26)
9. Amerika
A) Südamerika
a) Chili: 24  (13)
b) Peru und Bolivien: 14  (3)
c) Quito und Neu-Granada: 18  (10)
B) Zentralamerika: 29 (18)
C) Mexiko südlich von Rio Gila. 6  (4)
D) Nordwestamerika nördl. von Gila 24 (5)
Antillen: 5 (3)
------------ 407 (225)

Eine neuere Zählung von Fuchs ergibt 672 Vulkane, darunter 270 gegenwärtig noch tätige, wie z. B. der Vesuv und Cotopaxi (Fig. 5 und Fig. 6).

[Heute im Jahre 2020 werden etwa 1500 auf der Erde geschätzt]


Siegmund, 1877: Der Vesuv, Beispiel eines Vulkanes
Fig. 5: Ansicht des Vesuvs

Charakteristisch für die meisten Vulkane ist die Kegelform und die Kegeltextur. Aus Lagen und Strömen mit wechselnder Neigung, radial vom Krater aufgebaut, erhebt sich der Berg zumeist unfern des Meeres, entweder isoliert auf einer Ebene oder auf älterem, alt-vulkanischem, metamorphischem oder Sedimentärgebirge. Man muss demnach unterscheiden: einfache oder zusammengesetzte vulkanische Kegelberge, vulkanische Gebirge und Gebirge mit Vulkanen; spricht man von der Höhe eines Vulkanes, so ist die Kegelhöhe, vom Kraterrande bis zur Basis des eigentlichen Kegels, zu unterscheiden von der absoluten Höhe, d. i. der Höhe des Kraterrandes über dem Meeresspiegel; die letztere wird bei den untermeerischen Vulkanen natürlich negativ.

Der Vesuv ist ein gutes Beispiel eines einfachen Kegelvulkanes, denn der Berg ist seiner Hauptmasse nach aus einem einzigen Krater aufgeworfen (Fig. 7). Wir sehen da in 1 die aufgeschütteten Bimssteine, den vulkanischen Tuff der Oberfläche, auf welchem die Umgebung von Neapel sich angebaut hat; 2 dagegen ist das Gestein, welches die ursprüngliche Plutonische Gewalt erhoben hat, hauptsächlich Leucitporphyr; bei a tritt dieser in großen Strecken zu Tage, und diese Erhöhung, unter dem Namen der Somma den Italienern allgemein bekannt, ist der eigentliche alte Vulcan. In dem tiefschwarz schattierten Theile der Zeichnung sehen wir nun erstens unten bei 3 die Ausfüllung des alten Kraters mit Laven und allerlei vulkanischen Gesteinen; dann bemerken wir, daß die Anschüttungen sich bedeutend gehoben und den alten Erhebungskrater nicht nur ganz ausgefüllt, sondern bis auf die eine Seite (die Somma) sogar überdeckt haben; nach der Seite von Camalduoli (f) und Torre del Annunciata (g) hin besteht die ganze bebaute und unbebaute Flache des Berges aus den Substanzen, welche der Vesuv emporwarf, und welche nun, verwittert, einen trefflichen nahrungsreichen Boden bilden.


Profil des Vesuves: Siegmund, 1877


Zusammensetzung der Vulkane:
Die Vulkane sind zusammengesetzt aus zentral geneigten Lagen von all' dem mineralischen Eruptionsmaterial, welches der Krater seit seinem Bestehen hat nach außen treten lassen. Der größere Teil desselben besteht in der Regel aus losen Auswurfsmassen, deren allgemeine Unterschiede nach Größe und Form man sehr deutlich durch die deutschen Bezeichnungen Staub, Sand, Grus oder Schlacken ausdrücken kann. Werden diese losen Auswurfsmassen, es sei ursprünglich bei der Eruption oder später durch die atmosphärischen Gewässer zusammengespült und zu einer ton- oder konglomeratartigen Masse verbunden, so nennt man sie vulkanischen Tuff. Lava hingegen heißt, wie wir bereits bemerkten, dasjenige vulkanische Material, welches in größeren schmelzflüssigen Massen aus dem Vulcan hervorströmt und durch Erkalten zu einer festen Gesteinsmasse wird. Nach der chemisch-mineralogischen Beschaffenheit muß man diese Eruptionsmassen in verschiedene Gesteinsgruppen bringen, sie sind namentlich den Trachyten, den Basalten oder den Leucitgesteinen unterzuordnen; der Entwickelungszustand der Bestandteile ist aber in den losen, wie in den festen Eruptionsmassen ganz derselbe; sie bestehen aus mehr oder weniger Glas oder halb entglaster Grundmasse mit größeren Kristallen, die vorzüglich der Feldspat- und Augitgruppe angehören, und enthalten meist noch unzählige mikroskopisch kleine Kriställchen, die mit Sicherheit nicht näher zu definieren sind. Man kann den vulkanischen Sand eine zu Pulver explodierte Lava, und die Lava einen zusammengeschmolzenen vulkanischen Sand nennen. Der vulkanische Staub und Sand breitet sich bei den Eruptionen über dem Vulcan zu der mächtigen dunklen Wolke aus, auf welche seit Plinius so gern der Vergleich mit einer Pinie angewandt wird; der feine Staub wird durch die Bewegung in den oberen Luftschichten oft in sehr große Entfernung getragen. Diese losen Auswurfsmassen erhöhen also nicht allein den Kegelberg, sondern auch das Land in weitem Umkreise.

Viele Vulkane und vor allen diejenigen des ostindischen Archipels sind fast ausschließlich Sand- oder Tuffvulkane; die Vulkane Italiens werfen zumeist bei einer und derselben Eruption Tuff und Lava aus, der Ätna und die isländischen Feuerberge haben verhältnismäßig viel Lava ergossen.

Erloschene Vulkankegel oder Vulkane, deren Tätigkeit durch lange Perioden der Ruhe unterbrochen ist, werden durch teilweise Zerstörung des ursprünglich gebildeten Kegels in Folge des zerstörenden Einflusses der Atmosphärilien und des Regens (Denudation und Erosion) oder des Meeres, durch Einbrüche und Einsenkungen des Kraters u. s. w. zu Ruinen, deren Formen im Allgemeinen zwei wesentlich verschiedene Typen zeigen. Bei geschloffenen und vollständig erloschenen Vulkankegeln wird die ursprüngliche Kegelform in Folge der Denudation zur Dom- und Glockenform abgerundet: Domvulkane. Während so die Domvulkane vulkanische Berge ohne Krater sind, gibt es andererseits auch Krater ohne vulkanische Berge. In den meisten vulkanischen Gebieten findet man alte erloschene Krater, welche mit Wasser erfüllt sind und also kleine, meist kreisrunde Seen darstellen. Die Volkssprache hat für diese Vorkommnisse die Benennung von dem Wasser entnommen, in der Eifel nennt man sie Maare, in der Auvergne Kraterseen oder Kesselkrater; in Italien, auf Java u.v.m.. kennt man viele solche Kraterseen. Die Erklärung solcher Kesselkrater, welche von niederen, aus vulkanischen Gesteinen zusammengesetzten Ringgebirgen umschlossen sind, gibt die Beobachtung an die Hand, daß Vulkankegel mit Gipfelkrater, deren Tätigkeit unterbrochen wird, häufig in sich selbst Zusammenstürzen, wie das bei einigen Vulkanen auf Java vorgekommen ist. Durch solche Einstürze wird der Kegel bedeutend erniedrigt. Es bleibt nur der Fuß desselben stehen, und dieser bildet nun einen ringförmigen Wall, der den großen, durch Einsturz erweiterten Krater umfaßt. Werden solche Ringgebirge, wenn sie als Inseln aus dem Meere emporragen, von dem Meere durchbrochen, so findet das Meer Eingang in den Kraterkessel. Ein ausgezeichnetes Beispiel einer solchen Vulkanruine, in deren einstigen Krater das Meer sich einen Eingang verschafft hat, ist die Insel St. Paul im indischen Ozean. Die griechische Insel Santorin zeigt uns ein in mehrere kreisförmig sich aneinander anschließende Inseln (Thera, Therasia und Aspro Nisi) zerrissenes altes Ringgebirge, in dessen Mitte sich in historischer Zeit durch unterseeische Eruptionen mitten im Meere neue Eruptionskegel gebildet haben, die Inseln Palaeo-, Neo- und Mikro-Kaimeni, welche durch die seit 1866 fast ununterbrochen fortdauernden Eruptionen bedeutend gewachsen sind.

Alle tätigen Vulkane liegen in der Nähe des Meeres oder großer Binnenseen, und hierdurch, wie auch durch die Eruptionserscheinungen selbst, wird aufs bestimmteste erwiesen, daß für dieselben Wasser ebenso notwendig ist wie Feuer. Der Vulkan wird zum Erlöschen kommen, ebenso wohl wenn ihm das Wasser, wie wenn ihm das Feuer entzogen wird, und es ist fraglich, welcher Umstand bei den setzt erloschenen vulkanischen Gebieten der wirksamere war; denn es lagen dieselben, sofern sie jetzt Binnenländern angehören, zur Zeit der vulkanischen Tätigkeit jedenfalls in weit größerer Nähe des Meeres als heutzutage. Es ist in diesem Sinne wahrscheinlicher, daß an den Küsten der Nordsee sich neue Vulkane erheben, als daß etwa die erloschenen Krater. in Rheinpreußen ihre alte Tätigkeit wiedereröffnen.


Gase und Flüssigkeiten:
Die Hauptrolle bei allen vulkanischen Ausbrüchen spielt der Wasserdampf, der allen anderen Eruptionserscheinungen voranzugehen Pflegt, weil zu seiner Bildung, zur Verdunstung des Wassers, die allergeringsten Hitzegrade erforderlich sind. Wasserdämpfe sind es, welche die Lava im Kraterschlunde heben, Wasserdämpfe geben der Rauchsäule ihre aufsteigende Kraft und Gestalt, Wasserdämpfe erzeugen auch die elektrischen Erscheinungen und Gewitter in der Rauchsäule und ihrem Wolkenschirm; wieder zu Wasser kondensierte Dämpfe bilden endlich die Platzregen und Wolkenbrüche, welche die Ausbrüche begleiten. In der Periode der vollen vulkanischen Tätigkeit gesellen sich zu den Wasserdämpfen Exhalationen von Chlorwasserstoff- Säure, von schwefeliger Säure, Schwefeldämpfen, Schwefelwasserstoff, Kohlenwasserstoff und Wasserstoffgas. Die Anwesenheit der Salzsäure erklärt man durch Speisung des vulkanischen Herdes mit Meerwasser, indem Chlornatrium bei Gegenwart von Wasserdampf in höherer Temperatur durch Silicate in Salzsäure und Natron zerlegt wird. Die Anwesenheit von Salzsäure erklärt aber wieder das Vorkommen von allerlei flüchtigen Chlorverbindungen, wie Chlorkalium, Chlorcalcium, Chlor- Magnesium, Eisenchlorid und Eisenchlorür, Chlorkupfer, Chlorblei, aus denen unter Einwirkung von Schwefelsäure auf die Laven und Schlacken des Kraters wieder eine Reihe schwefelsaurer Salze entstehen, die sich an den Kraterwänden tätiger Vulkane zeigen, wie Glaubersalz, Bittersalz, Gips, Eisenvitriol; aus der Zersetzung des Eisenchlorids mittelst Wasserdampfes bei hoher Temperatur bildet sich Eisenglanz. Die Bildung von Salmiak erklärt sich aus dem Ammoniakgehalt der Luft beim Überwehen der letzteren über Salzsäuredämpfe. Flammenerscheinungen, wie man sie neuerdings wieder bei den Ausbrüchen von Santorin beobachtet hat, können von verbrennendem freien Wasserstoffgas oder- von Schwefelstoffgas, möglicherweise von beiden Gasen herrühren.


Eine nähere Untersuchung der Laven zeigt eine Beschaffenheit ganz auffallend verwandt mit dem kristallinischen oder derben Gefüge solcher Gesteine, welche wir als unauflöslich im Wasser kennen, und da wir in den Laven bei sorgfältiger Prüfung allmählich fast alle die Mineralien entdecken, welche auch an anderen Stellen der Erde als konstituierende Bestandteile auftreten, so dürfen wir wohl annehmen, daß auch sie durch hohe Hitzegrade schmelzbar sein werden. In den erkalteten Laven finden sich ferner eine Menge von Mineralien kristallinisch abgesondert oder als vollständige Kristalle, welche ganz ebenso in den bereits erwähnten Basalten, Porphyren, Graniten, Syeniten und Grünsteinen Vorkommen oder Hauptbestandteile derselben ausmachen, ja was noch viel interessanter ist, es stecken in ihnen auch solche Mineralien, welche, wie die Granate, Leucit, Zeolith, Epidot, Korunde und Zirkon, nur sehr vereinzelt an gewissen Stellen in jenen weit verbreiteten Gebirgssteinen angetroffen und darnach von den Mineralogen mit dem Namen der eingesprengten Mineralien bezeichnet werden. Manche dieser Mineralien gehören zu den härtesten Stoffen, ja fast nie ist es dem Wasser im Geringsten möglich, sie auflösend zu zersetzen oder zu zerstören, also noch viel weniger, sie als kristallinischen Niederschlag zu bilden.

Der Umfang der Lavaströmungen bietet große Verschiedenheiten. So hat der größte Lavastrom des Ätna, der vom Jahre 1669, an einigen Stellen eine Dicke von 100' und eine Breite von 1 ½ geographischen Meilen. Die beiden aus dem Skaptor Jökul im Jahre 1783 ergossenen Ströme, die nach entgegengesetzter Richtung geflossen sind, zeigen an manchen Stellen eine Mächtigkeit von 600', und ihre beiden Endpunkte liegen 20 geographische Meilen voneinander, bei einer Breite von 3 geographischen Meilen. Man hat aus diesen und ähnlichen Daten berechnet, daß es bis jetzt in der jetzigen geologischen Epoche noch keinen Lavastrom gegeben habe, welcher ein Volumen von 1.000,000.000 cbm (einer Milliarde) erreicht hätte — frühere Ergießungen überschreiten aber diese Grenze weit. Das öde zentrale Lava Feld Islands, Oder dada Hoaun, deckt eine Fläche von 110 geographischen Quadratmeilen. Die chemischen Prozesse im Inneren der Lavaströme sind umso intensiver, je frischer die Lava- ist; wie schon bemerkt, bilden sich überall auf den Lavaströmen Spaltenriffe, aus denen große Fumarolen von Wasserdampf Hervorbrechen. Auch diese Erscheinung trägt zu dem wilden Durcheinanderwerfen der Schlacken auf der Oberfläche des Lavastromes bei. Zuweilen wird durch solche Ausbrüche im Lavastrome die Lava in der Weise aufgebläht, daß sie eine hohle Säule bildet, aus deren Spitze der Dampf hervorbricht, und deren Oberfläche von wild übereinander-geworfenen Schlackenstücken und eingeschmolzenen Trümmern gebildet wird, so daß oft höchst bizarre Formen und Gestaltungen erzeugt werden (Fig. 8).

Was speziell die Fumarolen betrifft, so sind es Gasquellen, bei welchen Wasserdampf das vorwaltende Material der Exhalationen bildet. Der Wasserdampf ist dann freilich häufig das Vehikel für andere flüchtige Stoffe, für Chlorverbindungen, schwefelige Säure, Salzsäure, bisweilen auch für Borsäure, wie im tätigen Krater der Insel Volcano. Reich an heißen Wasserdampfquellen ist besonders Oberitalien und die Nordinsel von Neu-Seeland.

Solfataren nennt man Dampfquellen, die ein Gemisch von Wasser- und Schwefeldämpfen (oder auch von Schwefelwasserstoff und schwefeliger Säure) zu Tage fördern, und an deren Ausströmungsstellen sich Schwefel absetzt. Der Name wurde zuerst auf den alten Krater bei Puzzuoli unweit Neapel angewendet, an dessen tiefstem Punkte in der Bocca grande mit großer Gewalt heiße Dämpfe mit einer Temperatur von 50 — 72° C. ausströmen. Die vulkanischen Gebiete von Island, von Java und Neu-Seeland sind reich an Solfataren, da diese Erscheinung hauptsächlich in den Kratern erloschener oder tätiger Vulkane im Zustande der Ruhe stattfindet.

Mofetten nennt man Kohlensäuregas-Quellen, wie sie hauptsächlich in vulkanischen Gegenden auftreten. Das Wort ist ursprünglich eine Lokalbezeichnung für die nach Ausbrüchen des Vesuvs in der Gegend von Neapel vorübergehend eintretenden Aushauchungen von Kohlensäure. Vermöge seiner größeren spezifischen Schwere hält sich das tödliche Gas in den Vertiefungen des Bodens, in Grotten. Tälern u. s. w. unvermischt mit der Luft. Tiere, die zufällig in die Gasschichte geraten, werden dadurch betäubt und sterben. Am bekanntesten ist die Mo- fette der Hundsgrotte bei Neapel. Eine großartige Entwickelung von Kohlensäure findet in der Umgebung von Marienbad in Böhmen statt, täglich 3600, jährlich 1-3 Millionen Kubikfuß; sie wird dort zu Curzwecken (Kohlensäurebädern) benutzt. Viel bedeutender sind jedoch die Mengen Kohlensäure, die vom Wasser absorbiert werden und zur Entstehung von Sauerbrunnen Veranlassung geben. Eine andere Gasart, brennbares Kohlenwasserstoff-Gas, strömt an manchen Orten in größeren Mengen aus der Erde. Teilweise darf man aber wohl den Ort der Herkunft dieses Gases nicht in den großen Tiefen der eigentlich vulkanischen Tätigkeit suchen, sondern kann dasselbe von den allmählich fortschreitenden Veränderungen, durch welche pflanzliche Stoffe, die in Schichtgebirgen begraben sind, zu Braun- und Steinkohlenlagern umgewandelt werden, ableiten. Die oft so furchtbares Unheil anrichtenden „schlagenden Wetter" — eine der drohendsten jener vielen Gefahren, mit welchen der Bergmann überhaupt zu kämpfen hat — find nichts Anderes, als in den Kohlenlagern oder deren nächster Nachbarschaft eingeschlossene Massen brennbarer Kohlenwasserstoff-Gase, welchen durch die fortschreitenden Arbeiten selbst der Austritt in die offenen Räume der Grube ermöglicht wird, wo sie dann, an den Grubenlichtern sich entzündend, Explosionen verursachen. — Dieselben Kohlenwasserstoff-Gase aber nun nähren die sogenannten Feuerquellen oder Erdfeuer, indem sie aus natürlichen oder auch künstlich erbohrten Löchern austreten und, einmal entzündet, fortbrennen (Pietra mala zwischen Florenz und Bologna, Baku am Kaspischen Meer). In Gegenden, wo solche Erdfeuer Vorkommen, trifft man gewöhnlich auch Petroleum an, und die Gase entwickeln sich ebenso aus den Quellen und Brunnen, in welchen man Petroleum gewinnt.

Das nun endlich die Mineralquellen überhaupt manche ihrer gasartigen Bestandteile, namentlich aber die Säuerlinge die mitunter geradezu enormen Quantitäten Kohlensäure, die sie zu Tage bringen, wirklich durch Zuführung aus größeren Tiefen im Erdinneren erhalten, kann nach allen Verhältnissen kaum zweifelhaft sein. Ein sprechender Beweis dafür ist auch der Umstand, daß die große Mehrzahl derartiger Quellen in der Tat in den Gebieten altvulkanischer Tätigkeit zu Tage tritt. So findet in der Umgebung von Marienbad in Böhmen, wie oben bemerkt wurde, eine großartige Entwickelung von Kohlensäure statt, täglich 3600, jährlich 1,3 Millionen Kubikfuß.

Schlammvulkane (zum Teile auch Salsen, Luftvulkane oder nach einer sizilianischen Lokalität ihres Vorkommens Macaluben genannt) find ihrer äußeren Erscheinung nach kleine kegelförmige Hügel, oft nur von wenigen Fuß, oft von 100—500' Höhe, selten höher; sie bestehen aus Anhäufungen von tonigem Schlamm, welcher in breiartigem Zustande periodisch ausbricht und dadurch kleine Kegel mit kraterähnlichen Öffnungen bildet, die oft in großer Anzahl, dicht nebeneinander liegend, Vorkommen. Bei den Schlammvulkanen wechseln, wie bei echten Vulkanen, Perioden der Ruhe mit Perioden schwächerer und intensiverer Tätigkeit, die sich, begleitet von leichten Erdbeben, bis zu wirklichen Eruptionen steigern. Es gibt kalte Schlammvulkane in nicht vulkanischen Gegenden, bei welchen das ausströmende Gas hauptsächlich Kohlenwasserstoff-Gas ist, und heiße Schlammvulkane, wie sie in vulkanischen Gegenden, z. B. auf Island, in Zentralamerika u.s.w. Vorkommen.


Magmakammer versus flüssiges Erdinnere
Schließlich sei noch die Frage berührt, welche auch gegenwärtig gerade die Gemüter einzelner Naturforscher, namentlich in England, erregt, ob nämlich die unterirdischen Herde der verschiedenen vulkanischen Gebiete miteinander in Gemeinschaft stehen oder nicht; ob wir einen einheitlichen schmelzflüssigen Erdkern oder nur einzelne und relativ kleine Wärmereservoirs im Inneren einer festen Erdmasse annehmen sollen. Die letztere Ansicht schließt nicht aus, daß in früheren Zeiten ein einheitlicher flüssiger Erdkern bestanden hat, und die jetzigen vulkanischen Herde können als die letzten Überreste desselben angesehen werden, sie können aber auch durch örtliche Anhäufung von Wärme, es sei in Folge chemischer Zersetzungen oder wie auch immer, entstanden sein. Im ersteren Falle haben wir es also bei den Vulkanen im gewissen Sinne mit ursprünglicher, kosmischer, im letzteren Falle mit sekundärer, terrestrischer Wärme zu tun.

Weiter im Text von Siegmund: Erdbeben



Ausdrücklich ist jegliche, nicht von den Autoren genehmigte,  Neuveröffentlichung untersagt. Dies gilt speziell für elektronische Publikationen: Nutzungsrichtlinien
© Wolfgang Griem (2019) - Todos los derechos reservados - alle Rechte vorbehalten

Página anterior en geovirtual.cl
Geologie in historischen Abbildungen
Geschichte der Geowissenschaften
próxima página en geovirtual
Línea plateada en geovirtual2.cl

www.geovirtual2.cl - geovirtual in deutsch
Geologie
Apuntes
Apuntes Geología General
Apuntes Geología Estructural
Apuntes Depósitos Minerales
Apuntes Prospección
Perioden und Zeitalter (span.)
Systematik der Tiere (spanisch)
Virtuelles Museum: Geologie
Virtuelle Mineralien­sammlung (span.)
Geologie - Zitaten-Sammlung (span.)
Index - Geologie (spanisch)
Virtuelles Museum
Eingang virtuelles Museum
Virtuelles Museum: Geologie
Virtuelle Mineraliensammlung (span.)

Geschichte Geowissenschaften und Bergbau

Geschichte der Geowissenschaften
Allgemeine Geologie historisch
Fossilien in historischen Illustrationen
Geschichte Lagerstättenkunde
Tektonik, historische Betrachtungen

Bergbau in historischen Illustrationen
Bergbau-Wörterbuch, Begriffe
Autoren der historischen Bücher
Download Zentrum
Atacama Region, Chile
Ein Streifzug durch Atacama
Sehenswürdigkeiten
Geschichte von Atacama
Historische Karten
Bergbau in der Atacama-Wüste
Eisenbahnen der Region
Flora Atacama
Tiere der Wüste
Atacama in Fotos / Atacama schwarzweiß
Karten / 3dimensionale Morphologie
Klima der Atacama Region
Links, Literatur, Büchersammlung
Namens- und Orts Register, Atacama
----
Illustrationen aus Chile
Inhalt in Listenform

www.geovirtual2.cl / Geschichte der Geowissenschaften und Bergbau / Allgemeine Geologie
Historische Texte und Figuren in den Geowissenschaften: Bergbau, Geologie und Paläontologie
© Dr. Wolfgang Griem, Chile - alle Rechte vorbehalten  (Mail a Wolfgang Griem Uso de las páginas de geovirtual.cl y geovirtual2.cl)
Publiziert: 24.11.2019 / Aktualisiert: 24.11.2019, 5.1.2020, 19.9.2020
Mail a Wolfgang GriemEmail und Kontakt
Ver el perfil de Wolfgang Griem en LinkedInSiehe Linkedin Profil von Wolfgang Griem
Ausdrücklich ist jegliche, nicht von den Autoren genehmigte,  Neuveröffentlichung untersagt. Dies gilt speziell für elektronische Publikationen: Nutzungsrichtlinien
© Wolfgang Griem (2005, 2009) - Todos los derechos reservados - alle Rechte vorbehalten
CSS ist valide! W3C
Validiert 5.9.2020
HTML/5- R