Historische Arbeiten
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Genaue technische Beschreibung der Mechanik des Diamant-Gestänge
Bohrens.
Text in Deutsch:
Aus: Serlo, A. (1884): Leitfaden zur Bergbaukunde : p. 184
[Vorheriger
Text]
3. Diamantbohren (weiter)
Der Apparat, welcher dem Gestänge und dem Bohrer die drehende Bewegung
gibt, Fig. 121. 122, besteht aus einem von I-Eisen konstruierten
Gestell; zur Führung und zum Tragen des Gestänges dienen die Säulen aa;
zwischen diesen bewegt sich das gusseiserne Gleitstück g, in welches das
zur Aufnahme des Gestänges bestimmte Rohr f drehbar, aber in seiner
Längsrichtung unverrückbar eingesetzt, ist. Das Rohr f ist durch die
Nabe des konischen Getrieberades e hindurchgeführt und mit dieser durch
Feder und Nut verbunden, so dass es sich mit dem Rade dreht und in Folge
dessen auch das Gestänge, welches mit dem Rohre f an dessen Fuß und Kopf
durch je 3 Klemmschrauben befestigt ist, in Umdrehung versetzt. Das
Gestänge wird Behufs Zuführung des Wassers am Kopfe mit dem Aufsätze h'
versehen.
Derselbe ist aus Bronze gefertigt und besteht, Fig. 123, aus einem mit
einem Bunde versehenen und mehrfach geschlitzten Rohre p, welches in die
zur Wasserzuführung bestimmte Hülse q genau eingeschliffen und oben
mittelst einer Verschraubung t geschlossen ist. Der Eintritt des Wassers
in das Hohlgestänge erfolgt durch die Schlitze sss. Die Belastung des
Gestänges wird durch das Gewicht n bewirkt, dessen Ketten über die
Rollen mm geführt unten an das Gleitstück g angreifen, die Entlastung
dagegen bewirkt das Gewicht n1, dessen Ketten über die Rollen om geführt
an der oberen Seite des Gleitstücks g befestigt sind. Zum Betriebe dient
eine 20 Pferdekräfte starke Lokomobile, welche mittelst
Riemenübertragung b'b’ die Welle b in Umgang versetzt, von welcher aus
durch die Getrieberäder b3c’d'c2d2e die Rotation auf das Rohr f und
durch dieses auf das Gestänge und die Bohrkrone übertragen wird.
Von der Welle b aus wird durch die Exzentrik oder eine Scheibe mit
Krummzapfen die Pumpe k in Bewegung gesetzt, welche klares Wasser in den
Windkessel w und aus diesem durch das Rohr yy', das Aufsatzstück h' und
das Hohlgestänge in das Bohrloch drückt. Der Windkessel ist mit einem
Sicherheitsventil versehen, damit bei etwaigen Hindernissen des
Wasserdurchgangs im Gestänge dasselbe vor dem Zerspringen gesichert ist.
Das Wasserquantum, welches zugeführt wird, beträgt 7000 bis 9000 Liter
in der Stunde. Von den beiden Wellen o und p, welche jede mit kräftiger
Bremse versehen sind, dient die erstere zum Heben und Senken der
Gegengewichte und die Welle p zum Aufholen des Bohrgestänges mittelst
einer auf einen zugehörigen Rundbaum gewickelten Kette; die Umdrehung
der Wellen o und p erfolgt von der Welle b aus mittelst ausrückbarer
konischer Getriebe. Das gesamte Bohrzeug ist mit einem ca. 9 Meter hohen
Holzgerüst überbaut, in dessen Spitze eine Rolle hängt, so dass das
Gestänge in Längen von 7,5 Meter ausgezogen werden kann.
Nach den bisherigen Erfahrungen beträgt die Schnelligkeit, mit welcher
ein zweizölliger Diamantbohrer in das Gestein eindringt, bei Granit 52
bis 78 Millimeter, bei Quarz 26 Millimeter und bei Sandstein 104
Millimeter in der Minute. Die Leistungen sind überraschende und sind auf
4,393 bis 14,75 Meter in einer Woche beobachtet worden; Koebrich bohrte
im Steinsalz bei Alsleben in der Provinz Sachsen 147 m in einer Woche,
sogar 55 m an einem Tage! Demgemäß verbreitet sich dieser Bohrapparat
auf dem Festlande immer mehr, steht in England ) in ausgedehnter
Anwendung und erfreut sich in Amerika ), wo sich besondere
Gesellschaften zur Ausbeutung des Bohrverfahrens gebildet haben ), einer
großen Verbreitung, zumal die Tiefe von 500 Meter jetzt schon wiederholt
überschritten ist.
Auf dem Kontinent sind die Bohrversuche zu Böhmisch-Brod in Böhmen, zu
Rheinfelden in der Schweiz, auf der Königin-Luise Grube bei Zabrze in
Oberschlesien, zu Liebau in Niederschlesien, bei Cottbus, Dürrenberg,
Staßfurt, bei Aschersleben, zu Neuville in Frankreich u. a. a. 0.
hervorzuheben, bei welchen das Bohren mit größeren oder geringeren
Erfolgen bewirkt worden ist. Es empfiehlt sich das Diamantbohren als
Fortsetzung des dänischen Verfahrens, wenn man wegen zu großer
Festigkeit der Schichten mit dem letzteren nicht mehr vorwärtsdringen
kann. Bei einer auf dem Hüttenwerke zu Malapane angefertigten
Diamant-bohrmaschine wurden als Gestänge Gussstahlröhren angewendet,
welche von der Wittener Gussstahl- und Waffenfabrik gefertigt worden
waren).
Das Gestänge besteht aus 2 Meter langen Röhren mit 22 Millimeter innerem
und 37 Millimeter äußerem Durchmesser; die Verbindung der einzelnen
Stangen erfolgt durch gleichfalls aus Gussstahl hergestellte Muffen von
75 Millimeter Länge und 52 Millimeter äußerem Durchmesser. Im Ganzen
bestand das Gestänge aus 325 Röhren, war also 650 Meter lang. Vor der
Ab- und Ausdrehung der Gussstahlstäbe zu Röhren wurden dieselben auf
ihre absolute Festigkeit geprüft, welche vertragsmäßig 70 Kilogramm auf
den Quadratmillimeter betragen sollte, faktisch aber 72,25 Kilogramm
betragen hat.
So vorteilhaft die beschriebenen Bohrmethoden mit Wasserspülung —
namentlich wegen der Reinhaltung der Bohrlochssohle — auch sind, so
führen sie doch Mängel mit sich, welche ein Vordringen zu Tiefen, wie
sie das Bohren mit den bisherigen Apparaten erreichte, sehr erschweren.
Da hin gehört die notwendige Nachführung von Verkleidungsröhren, ohne
welche ein Fortbohren gar nicht möglich ist, da der Nachfall aus den
Bohrlochswänden den Arbeitsapparat an seinen Funktionen hindert; es kann
ferner nur mit einem verhältnismäßig sehr engen Durchmesser gebohrt
werden, wodurch wiederum das Vordringen in größere Tiefen gehemmt ist;
das Arbeitsrohr ist sehr leicht Klemmungen und Brüchen ausgesetzt, deren
Beseitigung sehr schwer sein kann, so dass dadurch häufig das Erliegen
der Arbeit notwendig wird; endlich scheint das Verfahren, besonders
wegen der kostspieligen und leicht verloren gehenden Diamanten, teurer
zu sein, als die gewöhnliche Bohrmethode.
Auch gegen dieses Bohrverfahren erhebt der Bohringenieur Noth seine
Stimme, indem er hervorhebt, dass es nur für gewisse, gleichmäßig
gelagerte Gebirgsformationen, nicht aber z. B. in Konglomerat-Schichten,
anwendbar sei, dass es nur geringe Bohrlochs Durchmesser gestatte, man
also damit nicht in große Tiefen vordringen könne, dass es einen hohen
Kraftaufwand erfordere, indem das ganze Bohrgestänge beständig in
Drehung erhalten werden müsse, dass sich Unfälle bei dem kleinen
Durchmesser des Bohrlochs nur schwierig beseitigen lassen und die
Arbeiten leicht verfehlte sein können, dass das Verfahren kostspielig
sei.
Es sind das dieselben Bedenken gegen das Verfahren, welche soeben
hervorgehoben wurden und welchen sich auch Strippeimann bei seiner
Vergleichung der Resultate des nach Fauck’- schem System mit steifem
Gestänge und Freifallstück niedergebrachten Bohrversuchs zu Malkowitz
bei Schlan in Böhmen und der Diamantbohrung bei Rheinfelden in der
Schweiz im Allgemeinen anschließt ). Dennoch, kommt derselbe Verfasser
später ) zu der Überzeugung, dass die Diamant-Bohrmethode einen großen
Teil der erwähnten Hindernisse und Nachteile durch die Bemühungen der
Continental-Diamond-Rock Boring Company bei den Bohrungen in der Nähe
von Aschersleben nach Stein- und Kalisalz — und wir können hinzufügen
durch die Tätigkeit des Bohrinspektor Koebrich bei den fiskalischen
Bohrungen in Preußen völlig überwunden hat.
Hatte diese Bohrmethode schon früher den Vorzug der größeren
Schnelligkeit vor allen anderen voraus, so ist es jetzt auch gelungen,
den Anfangsdurchmesser, der früher nicht 156 mm überstieg, auf 270 bis
31,0 mm zu erhöhen, wodurch es denn andrerseits möglich wird, in größere
Tiefen vorzudringen, indem man trotz etwa eintretenden Nachfalls eine
größere Zahl von Verrohrungen einbringen kann, bevor man zu dem
Minimaldurchmesser gelangt, und indem man durch Verstärkung der Maschine
und des gehenden Zeuges den bei größeren Tiefen eintretenden
Hindernissen gewachsen bleibt, wie Bohrloch I bei Aschersleben eine
Tiefe von 902 m erreichte. Das Bohrloch bei Dürrenberg erlangte eine
Tiefe von 862 m bei einem Durchmesser von nur 28 mm.
Der große Vorzug der Diamant-Bohrmethode, dass man durch das damit
verbundene Kernbohren dauernd über die Natur der durchbohrten Schichten
unterrichtet bleibt, ist dadurch vergrößert, dass man auch aus solchen
Schichten, welche im Wasser löslich sind, Kerne erbohren kann, indem man
eine Lösung von Chlormagnesium als Spülung einführte und dadurch bei
Aschersleben, Staßfurt, Inowrazlav vollständige Kerne aus dem Stein- und
Kalisalz zu Tage brachte.
Dasselbe Verfahren versuchte man in einem Bohrloche bei Zachemünde
unweit Schönebeck, um Steinsalzkerne zu erbohren; indes war hier das
unmittelbar vorher erreichte Gebirge so klüftig, dass das Spülwasser,
also auch die Chlormagnesiumlösung, sich in den Klüften verlief und
nicht vor Ort gelangte, so dass das Bohrloch-Wasser das Steinsalz
auflöste und Kerne nicht zu Tage geschafft werden konnten. Dagegen ist
es später dem Bohrinspektor Koebrich ohne alle Schwierigkeit in vielen
Fällen gelungen, Kerne aus dem Steinsalz zu Tage zu bringen. — Über die
beim Schachtabteufen erfolgte Benutzung des Bohrens mit
Diamantbohrapparaten wird weiter unten die Rede sein.
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Aus: Serlo, A. (1884): Leitfaden zur Bergbaukunde
deutsch
(4. Auflage)
Abbildung 121 und 122: Maschinen für Tiefbohrungen. -
Seite 186. Original -Größe der Abbildung: 15 x 20 cm.
Abbildung 123: Wasserkühlung
Serlo, A. (1884): Leitfaden zur Bergbaukunde. – 841 Seiten, 745
Holzschnitte, 32 Tafeln; Verlag Julius Springer, Berlin.
[Sammlung W.
Griem]
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Paint (v. 19) digital bearbeitet. Speziell Filter der
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Schärfe wurden bei der Bildbearbeitung angewandt (W. Griem 2020).
Die Texte wurden mit einer Pentax
Kr-3 II digitalisiert und später mit ABBYY (v.14) verarbeitet und zur
OCR vorbereitet. Frakturschriften wurden mit ABBYY Fine Reader Online in
ASCII umgewandelt; "normale" Schriftarten mit ABBYY Fine Reader Version
14.
Die Texte wurden den heutigen Rechtschreibregeln teilweise angepasst, es
wurden erläuternde und orientierende Zeilen eingefügt (W. Griem, 2020).
Abbildung 121, 122, 123
Geschichte der Geowissenschaften
Bergbau Geschichte
Werkzeuge und Maschinen
Kompass (Ludwig, 1861)
Kompass (Neumayr, 1897)
Hänge-Kompass (Treptow, 1900)
Klinometer (Treptow, 1900)
Theodolit Bergbau (Treptow, 1900)
Bohrer nach Low (Simonin 1869)
Bohrmaschine (Lottner, 1873)
Bohrturm (Lottner, 1873)
Diamantbohrer (Serlo, 1884)
►
Bohrmaschine (Serlo, 1884)
Kalifornische Bohrung (Treptow, 1900)
Bohrungen Baku (Treptow et al. 1900)
Tiefbohrer (Treptow, 1900)
Diamant-Bohrer (Treptow 1900)
Spiralbohrer, Salz (Treptow, 1900)
Gesteinsbohrer (Treptow, 1900)
Diamant-Bohrer (Köhler, 1903)
Bohrmaschine, Frölich (Köhler, 1903)
Kombinierte Tiefbohranlage (Köhler, 1903)
Bagger und Schrämmer
Schrämm-Maschine (Serlo, 1884)
Eimerkettenbagger (Treptow, 1907)
Hochbagger (Treptow, 1907)
Biografien
der Autoren
Albert
Serlo, 1884
Geschichte der Geowissenschaften
Geschichte der Geowissenschaften
Geschichte Allgemeine Geologie
Geschichte Paläontologie
Geschichte der Lagerstättenkunde
Inhalt
Geschichte der Tektonik
Inhalt Bergbau-Geschichte
Biografien
der Autoren
Wörterbuch, Begriffe
Download Zentrum
Inhalt Bergbau-Geschichte
Bergbau-Wörterbuch, Begriffe
Autoren
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Sicherheit in den Bergwerken
Goldanalyse
Bergbau in der Atacama-Wüste
Chañarcillo
Der Salpeter Abbau bei Taltal
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