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Geschichte der Geowissenschaften: Bergbau

Serlo, A. (1884): Bohrmaschinen für Tiefbohrungen

Historische Arbeiten

W. Griem 2007 - 2020

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Bohrmaschine für tiefbohrungen um 1884 Seitenansicht - Bohrmaschine

Information

Genaue technische Beschreibung der Mechanik des Diamant-Gestänge Bohrens.

Text in Deutsch:
Aus: Serlo, A. (1884): Leitfaden zur Bergbaukunde : p. 184

[Vorheriger Text]

3. Diamantbohren (weiter)


Der Apparat, welcher dem Gestänge und dem Bohrer die drehende Bewegung gibt, Fig. 121. 122, besteht aus einem von I-Eisen konstruierten Gestell; zur Führung und zum Tragen des Gestänges dienen die Säulen aa; zwischen diesen bewegt sich das gusseiserne Gleitstück g, in welches das zur Aufnahme des Gestänges bestimmte Rohr f drehbar, aber in seiner Längsrichtung unverrückbar eingesetzt, ist. Das Rohr f ist durch die Nabe des konischen Getrieberades e hindurchgeführt und mit dieser durch Feder und Nut verbunden, so dass es sich mit dem Rade dreht und in Folge dessen auch das Gestänge, welches mit dem Rohre f an dessen Fuß und Kopf durch je 3 Klemmschrauben befestigt ist, in Umdrehung versetzt. Das Gestänge wird Behufs Zuführung des Wassers am Kopfe mit dem Aufsätze h' versehen.

Derselbe ist aus Bronze gefertigt und besteht, Fig. 123, aus einem mit einem Bunde versehenen und mehrfach geschlitzten Rohre p, welches in die zur Wasserzuführung bestimmte Hülse q genau eingeschliffen und oben mittelst einer Verschraubung t geschlossen ist. Der Eintritt des Wassers in das Hohlgestänge erfolgt durch die Schlitze sss. Die Belastung des Gestänges wird durch das Gewicht n bewirkt, dessen Ketten über die Rollen mm geführt unten an das Gleitstück g angreifen, die Entlastung dagegen bewirkt das Gewicht n1, dessen Ketten über die Rollen om geführt an der oberen Seite des Gleitstücks g befestigt sind. Zum Betriebe dient eine 20 Pferdekräfte starke Lokomobile, welche mittelst Riemenübertragung b'b’ die Welle b in Umgang versetzt, von welcher aus durch die Getrieberäder b3c’d'c2d2e die Rotation auf das Rohr f und durch dieses auf das Gestänge und die Bohrkrone übertragen wird.

Von der Welle b aus wird durch die Exzentrik oder eine Scheibe mit Krummzapfen die Pumpe k in Bewegung gesetzt, welche klares Wasser in den Windkessel w und aus diesem durch das Rohr yy', das Aufsatzstück h' und das Hohlgestänge in das Bohrloch drückt. Der Windkessel ist mit einem Sicherheitsventil versehen, damit bei etwaigen Hindernissen des Wasserdurchgangs im Gestänge dasselbe vor dem Zerspringen gesichert ist. Das Wasserquantum, welches zugeführt wird, beträgt 7000 bis 9000 Liter in der Stunde. Von den beiden Wellen o und p, welche jede mit kräftiger Bremse versehen sind, dient die erstere zum Heben und Senken der Gegengewichte und die Welle p zum Aufholen des Bohrgestänges mittelst einer auf einen zugehörigen Rundbaum gewickelten Kette; die Umdrehung der Wellen o und p erfolgt von der Welle b aus mittelst ausrückbarer konischer Getriebe. Das gesamte Bohrzeug ist mit einem ca. 9 Meter hohen Holzgerüst überbaut, in dessen Spitze eine Rolle hängt, so dass das Gestänge in Längen von 7,5 Meter ausgezogen werden kann.

Nach den bisherigen Erfahrungen beträgt die Schnelligkeit, mit welcher ein zweizölliger Diamantbohrer in das Gestein eindringt, bei Granit 52 bis 78 Millimeter, bei Quarz 26 Millimeter und bei Sandstein 104 Millimeter in der Minute. Die Leistungen sind überraschende und sind auf 4,393 bis 14,75 Meter in einer Woche beobachtet worden; Koebrich bohrte im Steinsalz bei Alsleben in der Provinz Sachsen 147 m in einer Woche, sogar 55 m an einem Tage! Demgemäß verbreitet sich dieser Bohrapparat auf dem Festlande immer mehr, steht in England ) in ausgedehnter Anwendung und erfreut sich in Amerika ), wo sich besondere Gesellschaften zur Ausbeutung des Bohrverfahrens gebildet haben ), einer großen Verbreitung, zumal die Tiefe von 500 Meter jetzt schon wiederholt überschritten ist.

Auf dem Kontinent sind die Bohrversuche zu Böhmisch-Brod in Böhmen, zu Rheinfelden in der Schweiz, auf der Königin-Luise Grube bei Zabrze in Oberschlesien, zu Liebau in Niederschlesien, bei Cottbus, Dürrenberg, Staßfurt, bei Aschersleben, zu Neuville in Frankreich u. a. a. 0. hervorzuheben, bei welchen das Bohren mit größeren oder geringeren Erfolgen bewirkt worden ist. Es empfiehlt sich das Diamantbohren als Fortsetzung des dänischen Verfahrens, wenn man wegen zu großer Festigkeit der Schichten mit dem letzteren nicht mehr vorwärtsdringen kann. Bei einer auf dem Hüttenwerke zu Malapane angefertigten Diamant-bohrmaschine wurden als Gestänge Gussstahlröhren angewendet, welche von der Wittener Gussstahl- und Waffenfabrik gefertigt worden waren).

Das Gestänge besteht aus 2 Meter langen Röhren mit 22 Millimeter innerem und 37 Millimeter äußerem Durchmesser; die Verbindung der einzelnen Stangen erfolgt durch gleichfalls aus Gussstahl hergestellte Muffen von 75 Millimeter Länge und 52 Millimeter äußerem Durchmesser. Im Ganzen bestand das Gestänge aus 325 Röhren, war also 650 Meter lang. Vor der Ab- und Ausdrehung der Gussstahlstäbe zu Röhren wurden dieselben auf ihre absolute Festigkeit geprüft, welche vertragsmäßig 70 Kilogramm auf den Quadratmillimeter betragen sollte, faktisch aber 72,25 Kilogramm betragen hat.  


So vorteilhaft die beschriebenen Bohrmethoden mit Wasserspülung — namentlich wegen der Reinhaltung der Bohrlochssohle — auch sind, so führen sie doch Mängel mit sich, welche ein Vordringen zu Tiefen, wie sie das Bohren mit den bisherigen Apparaten erreichte, sehr erschweren. Da hin gehört die notwendige Nachführung von Verkleidungsröhren, ohne welche ein Fortbohren gar nicht möglich ist, da der Nachfall aus den Bohrlochswänden den Arbeitsapparat an seinen Funktionen hindert; es kann ferner nur mit einem verhältnismäßig sehr engen Durchmesser gebohrt werden, wodurch wiederum das Vordringen in größere Tiefen gehemmt ist; das Arbeitsrohr ist sehr leicht Klemmungen und Brüchen ausgesetzt, deren Beseitigung sehr schwer sein kann, so dass dadurch häufig das Erliegen der Arbeit notwendig wird; endlich scheint das Verfahren, besonders wegen der kostspieligen und leicht verloren gehenden Diamanten, teurer zu sein, als die gewöhnliche Bohrmethode.

Auch gegen dieses Bohrverfahren erhebt der Bohringenieur Noth seine Stimme, indem er hervorhebt, dass es nur für gewisse, gleichmäßig gelagerte Gebirgsformationen, nicht aber z. B. in Konglomerat-Schichten, anwendbar sei, dass es nur geringe Bohrlochs Durchmesser gestatte, man also damit nicht in große Tiefen vordringen könne, dass es einen hohen Kraftaufwand erfordere, indem das ganze Bohrgestänge beständig in Drehung erhalten werden müsse, dass sich Unfälle bei dem kleinen Durchmesser des Bohrlochs nur schwierig beseitigen lassen und die Arbeiten leicht verfehlte sein können, dass das Verfahren kostspielig sei.

Es sind das dieselben Bedenken gegen das Verfahren, welche soeben hervorgehoben wurden und welchen sich auch Strippeimann bei seiner Vergleichung der Resultate des nach Fauck’- schem System mit steifem Gestänge und Freifallstück niedergebrachten Bohrversuchs zu Malkowitz bei Schlan in Böhmen und der Diamantbohrung bei Rheinfelden in der Schweiz im Allgemeinen anschließt ). Dennoch, kommt derselbe Verfasser später ) zu der Überzeugung, dass die Diamant-Bohrmethode einen großen Teil der erwähnten Hindernisse und Nachteile durch die Bemühungen der Continental-Diamond-Rock Boring Company bei den Bohrungen in der Nähe von Aschersleben nach Stein- und Kalisalz — und wir können hinzufügen durch die Tätigkeit des Bohrinspektor Koebrich bei den fiskalischen Bohrungen in Preußen völlig überwunden hat.

Hatte diese Bohrmethode schon früher den Vorzug der größeren Schnelligkeit vor allen anderen voraus, so ist es jetzt auch gelungen, den Anfangsdurchmesser, der früher nicht 156 mm überstieg, auf 270 bis 31,0 mm zu erhöhen, wodurch es denn andrerseits möglich wird, in größere Tiefen vorzudringen, indem man trotz etwa eintretenden Nachfalls eine größere Zahl von Verrohrungen einbringen kann, bevor man zu dem Minimaldurchmesser gelangt, und indem man durch Verstärkung der Maschine und des gehenden Zeuges den bei größeren Tiefen eintretenden Hindernissen gewachsen bleibt, wie Bohrloch I bei Aschersleben eine Tiefe von 902 m erreichte. Das Bohrloch bei Dürrenberg erlangte eine Tiefe von 862 m bei einem Durchmesser von nur 28 mm.

Der große Vorzug der Diamant-Bohrmethode, dass man durch das damit verbundene Kernbohren dauernd über die Natur der durchbohrten Schichten unterrichtet bleibt, ist dadurch vergrößert, dass man auch aus solchen Schichten, welche im Wasser löslich sind, Kerne erbohren kann, indem man eine Lösung von Chlormagnesium als Spülung einführte und dadurch bei Aschersleben, Staßfurt, Inowrazlav vollständige Kerne aus dem Stein- und Kalisalz zu Tage brachte.

Dasselbe Verfahren versuchte man in einem Bohrloche bei Zachemünde unweit Schönebeck, um Steinsalzkerne zu erbohren; indes war hier das unmittelbar vorher erreichte Gebirge so klüftig, dass das Spülwasser, also auch die Chlormagnesiumlösung, sich in den Klüften verlief und nicht vor Ort gelangte, so dass das Bohrloch-Wasser das Steinsalz auflöste und Kerne nicht zu Tage geschafft werden konnten. Dagegen ist es später dem Bohrinspektor Koebrich ohne alle Schwierigkeit in vielen Fällen gelungen, Kerne aus dem Steinsalz zu Tage zu bringen. — Über die beim Schachtabteufen erfolgte Benutzung des Bohrens mit Diamantbohrapparaten wird weiter unten die Rede sein.
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Aus: Serlo, A. (1884): Leitfaden zur Bergbaukunde
deutsch (4. Auflage)

Abbildung 121 und 122: Maschinen für Tiefbohrungen. -  Seite 186. Original -Größe der Abbildung: 15 x 20 cm.
Abbildung 123: Wasserkühlung

Serlo, A. (1884): Leitfaden zur Bergbaukunde. – 841 Seiten, 745 Holzschnitte, 32 Tafeln; Verlag Julius Springer, Berlin.
[Sammlung W. Griem]

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Die Texte wurden den heutigen Recht­schreib­regeln teil­weise ange­passt, es wurden erläuternde und orien­tierende Zeilen ein­gefügt (W. Griem, 2020).

Detail Abbildung 121 Detail Abbildung 122 Abbildung 123

Abbildung 121, 122, 123


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Publiziert: 1.12.2019 / Aktualisiert: 1.12.2019, 18.10.2020
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